21.03.2018
47. Woche
Die Winktheorie
Die Arbeiten zur Winktheorie und deren mündliche Abhandlungen beschäftigen und genauso, wie aufkommende Piraterie in der Familie und einem größer werdenden Bewegungsdrang.
Uns stand eine arbeitsreiche Woche ins Haus. Der Praxisverkauf liefert zuvor noch eine Menge an Aufgaben und der Dozentenjob meiner Frau nimmt im Augenblick einen immer größeren Umfang an. Die Schule möchte im März mit dem Großteil fertig werden und wir auch.
Dank meiner Mutter hatten wir am Montagmorgen einen relativen relaxten Anfang und konnten ohne Sorge um die Großen heimkehren. Besser gesagt ich kehrte am frühen Abend nach Hause zurück. Meine Gattin noch in ihre Praxis. Eigentlich verlief die ganze Woche als Anhäufung von Arbeitsabläufen. Und obwohl der Donnerstag eigentlich ruhiger werden sollte, schwebten dann kurzfristig zusätzliche Termine ein. So platzte nicht nur mein Frühstücktermin, sondern all meine Termine. Den einzigen, den ich retten konnte, war mein Friseurtermin. Somit ist es mir wenigstens gelungen, wieder ohne Hindernisse sehen zu können.
Während sich meine Frau so ihrer Arbeit hingibt, bespaße ich meine Kinder und habe auch meinen Spaß damit. So erklärte mir meine älteste Tochter ihre Finger. Der Finger, neben dem kleinen ist ab sofort der Ringelfinger. Ganz ernst, mit hochgezogenen Augenbrauen, erklärte sie mir auf Nachfrage, dass es ihr Ringelfinger sei und auch ich einen habe. Also kommt der Ehering ab sofort an den Ringelfinger.
Zum Wochenabschluss hatten wir viel Stress und viele Wege. Doch wenn ich hier so sitze und darüber nachdenke, dann bin ich mir nicht sicher, ob es nur daran liegt. Vielleicht haben unsere Zwillinge auch nur aufs Wochenende gewartet, um die Mama an ihrem neuen Können teilhaben zu lassen.
Es fing im Laufe der Woche mit meinem Sohn an, der seinen kleinen Schwestern das Winken beibringen wollte. Hartnäckig investierte er viel Zeit und immer wieder erneute Erklärungsansätze, um ihnen das Winken näher zu bringen. Zum Ende der Woche gab es dann gleich ein Highlightfeuerwerk. Zuerst fing Lysanne an zu Winken. Sehr zu ihrer und zur Freude ihres Bruders. Da saß sie nun und winkte und sobald sie eine Reaktion bekam, freute sie sich mit einem breiten Lachen. So wurde viel gewunken. Polly die dies zum Teil mit distanzierter Aufmerksam verfolgte, konnte sich dem harten Training mit ihrem Bruder kaum entziehen und so winkte auch sie bald. Ihr Enthusiasmus lässt dabei noch zu wünschen übrig. Das führte zu einer Erklärungstheorie meines Sohnes. Erst mir, dann seiner Mutter und allen anderen erklärte er, dass Lysanne das Winken als Bewegung sehr viel Spaß bereite und sie deshalb, sagen wir eigenmotiviert, winkt. Polly hingegen hätt eben weniger Lust dazu und müsste mehr animiert werden und würde auch nur zurück winken, wenn sie daran Interesse hätte. Ich fand das treffend beobachtet. Polly hat weiterhin viel mehr Spaß daran, sich Details näher zu betrachten und zu erforschen. Fast könnte ich schreiben, sie ruhe mehr in sich. Doch das stimmt nicht mehr. Ihre Frustrationsschwelle ist deutlich gesunken. Wenn ihre Schwester auf allen Vieren um die Ecke verduftet, beginnt weiterhin ein lautes Geklage über den Frust nicht so hinterher zu kommen. Die Unterschiede im Bewegungsradius führen zu noch einer weiteren Veränderung. Wenn früher eher Polly Lysanne das Spielzeug entrissen hat, macht nun nicht nur Lysanne alles streitig sondern erweitert es noch. Wenn Polly etwas hat, was Lysanne gebrauchen kann, krabbelt sie hin, entreißt es hier und krabbelt schnell weg. So habe ich das gemobste Spielzeug bei Polly, durch ein sehr ähnliches ersetzt. Polly konnte sich damit nach kurzer heftiger Beschwerde zufrieden geben. Lysanne beobachtete den Vorgang aus einiger Entfernung, legte ihre Beute ab und kam zum zweiten Beutezug vorbei. Nun überlege ich, ob wir sie nicht vielleicht Mary oder Anne, nach den beiden Piratinnen Mary Read und Anne Bonny, hätten nennen sollen. Auf jeden Fall sollte ihr nächstes Oberteil ein Jolly Roger zieren. Wobei auch die Namen Charlotte, Jeanne-Louise, Grace dafür in Frage kämen. Doch ich schweife ab.
Polly macht aber auch ihre Fortschritte. Sie kann nun nicht nur winken sondern auch klatschen. Ihre Koordination nimmt immer mehr Fahrt auf. Sie robbt nun verstärkt und stößt sich immer besser mit ihren Armen und Füßen ab. Dabei zeigt sie deutlich, dass sie ihren linken Arm bevorzugt. Sie zieht sich auch gern mit beiden Händen hoch. So weit, dass eigentlich nur noch ihre Hüfte und Beine den Boden berühren. So baut sich hoffentlich weiterhin immer mehr Muskulatur auf. Sie schaffte es sogar schon, nachdem sie sich hochzieht, mit einem Arm die Ablagefläche abzuräumen. Nun fangen wir von unten an, die einzelnen Etagen frei zu räumen.
Da Polly noch gar keine Idee entwickelt, wie sie sich hinsetzen soll, dies aber gerne würde, fangen wir nun an, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wir setzen Polly hin. Oh, dass macht man aber gar nicht. Habe ich mal gelernt. Unser Sohn drückte sich damals, auf dem Bauch liegend, über den Spagat in den Sitz. Dafür braucht man allerdings Platz. Als ich ihn bei einer Kinderarztvertretung mal hinsetzte, musste ich mir böse Worte anhören, dass man Babys nicht einfach hinsetzt. Den Beweis, dass er es auch alleine konnte, blieben wir schon aufgrund des geringen Platzes auf der Behandlungsfläche schuldig. Und nun setzen wir unser kleinstes Mädchen einfach hin. Oh weh. Das ganze unter der vorherigen Probe, dass sie nicht unkontrolliert umkippt. Sie kann sich kontrolliert nach vorne und zur Seite beugen und wieder aufrichten, ebenso kann sie sich allein hinlegen. Da sie dies beherrscht, hat sie nun die Möglichkeit, Bewegungsabläufe zum Hinsetzten nicht nur aus dem Liegen, sondern eben auch umgekehrt zu entdecken.
So arbeiten wir alle daran, dass es weitere Veränderungen in unserem Leben geben wird. Egal ob Schneetreiben, Sonne, oder Regen,
Veränderungen werden wir erleben.
Am Sonnabend war lieber und seltener Besuch zu Gast. Sogleich beim Eintreffen wurden unsere anwesenden drei Kinder verwöhnt. Nur unsere große Tochter, die später von einer Freundin kam, zeigte sich wenig begeistert. Wahrscheinlich war sie einfach noch müder als der Rest der Familie und wir Erwachsenen hatten ja die anregenden Gespräche. Unsere Zwillinge machten prima mit. Nur nachts bleiben sie aktiv und benötigen viel Mamas Nähe.
Eigentlich hatten wir uns für Sonntag einiges vorgenommen und dann doch alles ruhen lassen. Lysanne, die die vergangenen Tag weinerlich war, was so gar nicht zur Piraterie zu passen scheint, zeigte plötzlich zwei Zähne mehr in ihrem Mund. Das sind Steigerungswerte von 100%. Wenn Polly das mit ihren neun Zähnen auch nochmal hinlegt, ist ihr Mund komplett bezahnt. Boh, nun wussten wir, dass wir Chancen auf mehr Ruhe haben könnten, als ein Schrei den Sonntag zerriss. Die Aufregung war groß, die ganze Familie rannte an einen Ort und schaute hinab, während Lysanne lachend nach oben schaute. Sie stand. Sie stand lange und ziemlich sicher, hielt sich am Stuhl fest und bekam ihr Lachen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Adieu Baby, willkommen Kleinkind, könnte man da rufen. Doch obwohl das ein großer Schritt für Lysanne ist, mischte sich auch Wehmut bei. Die Zeiten von Babys in unserem Haushalt neigen sich behände dem Ende.
Eine gute Zeit, wünsche ich all meinen Leser/innen!
Euer Daniel
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