12.11.2012
8. Woche
Will nich!
Vom eigenen Willen, neuen Sprachentwicklungen und einer zauberhaften Vorschulzeit.
“Will nich“ und “Du nich“ - das kann seit Montag die zweite Tochter sagen. Ha, auch das macht den Umgang mit ihr unheimlich einfach: sie positioniert sich unheimlich klar und wir meiden das, was sie eben nicht will. Gleichzeitig will sie aber auch Dinge nicht, die wir als Eltern wollen. Mir wird es langsam unklar, wie mit solch einem Kind ein gewaltfreies Zusammenleben möglich sein könnte. Diese Woche habe ich tatsächlich zwei mal rum geschnauzt. Auf der anderen Seite darf sie auch in Socken in den Regen, was bei der ersten Tochter undenkbar war. Diese hatte einen aber auch mit den Forderungen, mit denen sie konfrontiert wurde, respektiert, auch wenn sie anderer Meinung war. Die zweite Tochter kümmert sich da nur um sich und das ist in letzter Zeit mit viel Traurigkeit auf ihrer Seite verbunden, weil sie natürlich nicht immer bekommen kann, was sie will.
Und wir haben mir ihr viel Freude. Die meiste Zeit verbringe ich ja mit ihr. Sie vermisst zwar auch die Mama, aber wir haben eine richtig gute Zeit. In dieser Woche sagte ich das auch der zweiten Tochter. Sie meinte nein, denn: “Papa, du alt.“ Und Humor hat sie. Ich sage ihr beim Buch angucken, dass das ein Papagei sei. Sie meinte: “Nein, Mamagei.“ und freute sich darüber. Oder ich schäle ihr Apfelsinen - und noch eine und noch eine. Auf einmal sagt sie zu mir über die Schulter blickend, mit einer Kunstpause dazwischen für einen Augenaufschlag: “Danke --- Papi!“
Danach musste sie so feixen, dass es eine Weile dauerte, bis sie sich wieder beruhigte.
Bei der ersten Tochter war heute morgen ein sehr sehr lustiger Tag gewesen. “Einen Clown gefrühstückt“ - wie man so schön sagt. Sie hatte es drauf, jeden Satz, den jemand sagte, auf witzige Weise umzustellen oder durch ähnlich klingende Worte mit einem neuen Sinn zu versehen, dass die Frau und ich nicht aus dem Staunen kamen. Leider haben wir nichts aufgeschrieben. Wir hatten noch darüber gesprochen (eine Bibliotheksoma führte bei jedem ihrer Kinder Tagebuch und meinte es sei zwar anstrengend, doch dann eine liebe Gewohnheit, die ein unheimlich tolles Geschenk später für den Nachwuchs darstellt). Jedenfalls waren die Frau und ich der Meinung solch schöne Sätze würden wir auf keinen Fall vergessen, doch nun sehe ich ja, wie weit es mit meinem Gedächtnis so her ist... Gedanken muss ich mir erst dann nicht mehr machen, wenn ich vergessen habe, dass ich mir was merken wollte.
Gestern war ja der 11.11. - die fünfte Jahreszeit fängt an. Für die erste Tochter ist es noch schwer zu verstehen, wie das denn nun ist: “Ist das denn jetzt schon Fasching? Aber habe ich nicht Fasching Geburtstag?“ Und abgesehen, davon dass die Narren nun den Rathausschlüssel bekommen und nun offiziell in der Stadt regieren, war vom Karneval heute nichts zu bemerken. Bei uns stand der Tag eher im Zeichen vom St. Martin.
In Thüringen geht man da ja auch dann traditionell von Tür zu Tür und bekommt Kleinigkeiten (ich hatte da auch mal zwei Jugendliche, denen ich zu Halloween Bonbons gegeben hatte, die am 11.11. wieder kamen und die ich daran erkannte, dass sie sauer waren, weder Bier noch Kippen von mir zu bekommen). Hier finden sehr schöne Martins-Umzüge statt, bei denen man mit Laternen herum geht und Martinshörnchen miteinander teilt.
Wir in der Familie haben uns der Tradition Martins-Gans zugekehrt. Da wir Weihnachten selten zu viert feiern, sondern oft woanders, wo es vielleicht keinen Gänsebraten gibt, wird dieser leckere Vogel eben schon am 11.11. gegessen. Tja, was müssen sie auch den Martin verraten? Heute haben wir leider weder Pfannkuchen, noch Hörnchen zu backen geschafft. Dafür gab es die Andacht und den Laternenumzug und dann die Gans - hmmm. Traditionell basteln wir unsere Martins-Laternen selber. Es sieht immer so schön aus, wenn der Laternen-Umzug sich durch die Dunkelheit schlängelt.
Vorgestern war im Kindergarten Märchenabend. Sowas Schönes aber auch. Die Pädagogen machen sich da unheimlich viele Gedanken und setzen alles mit so viel Liebe um. Erst treffen wir uns alle im Wald. Es dämmert dann schon und nach der Begrüßung und einigen Liedern, ist es so dunkel, dass man dem mit Kerzen beleuchteten Weg gut durch dem Wald folgen kann. An jeder Kerze ist eine kleine Märchen-Rätsel-Station aufgebaut, bei der es was zu entdecken und zu erraten gibt. Dann sammeln sich alle im Wald auf einer Lichtung, auf der eine Bühne aufgebaut wurde. Dort spielen die Pädagogen mit den FÖJlern ein Märchen vor - einfach traumhaft. Eltern halten die starken Taschenlampen, die als Bühnenbeleuchtung dienen und die Kinder sind wie verzaubert und lauschen dem Märchen und sind auch mal über lustige Kostüme oder Rollen erfreut, wie gestern zum Beispiel, als der Mann im Team Rapunzels Mutter gab. Danach gehen dann alle etwas frierend, aber mit roten Backen und glühenden Herzen im Dunkeln wieder in Richtung Heim.
Vorgestern nun wurde auch der Bauwagen für die Kindergartengruppe der ersten Tochter gebracht und im Wald abgestellt. Nun bin ich ja mal sehr gespannt, wie die Kinder diesen morgen einweihen werden. Davon wird dann vielleicht im nächsten Blogeintrag zu lesen sein.
Bis dahin eine gute Woche wünscht euch
euer Herr Gaigals
Klingone, Northeim:
16.11.2012 19:08
Märchenabend in der Kita - echt nett. Aber Pädagogen? Waren da wirklich professionelle männliche Erzieher am Buch? Das kann ich mir kaum vorstellen. Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es toll sein kann, wenn Männer einen solchen Event gestalten. Läuft ganz anders, als wenn Frauen das organisieren. Schon die Auswahl der Märchen - beim Thema Väter fällt mir natürlich sofort der Froschkönig ein, aber auch der Gestiefelte Kater, die drei Federn etc - da gibt es viel, was aus Männersicht ganz anders ankommt und interpretiert wird. Die böse Schwiegermutter kommt in der ersten Fassung von Grimms Märchen übrigens nicht vor. Da ist es die böse Mutter. Erst gut 10 Jahre nach der ersten Fassung, als sie zu Kinder- und Hausmärchen wurden, war der Mythos der Guten Mutter in der bürgerlichen Gesellschaft so weit verbreitet, dass er nicht mehr infrage zu stellen war. Auch nicht im Märchen.