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18.11.2012 9. Woche
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Zwei Wochen war der Frosch so krank...

Neues vom freien Willen, dem Bauwagen und dem schönen Leben
Es war ja nicht krank sein, aber die "Nein"-Phase der zweiten Tochter war doch sehr sehr anstrengend gewesen. Und seit Montag - wie verwandelt. Alles ist wieder gut. Und besser noch. Sie sagt jetzt neuerdings "Ich will nich." Und kann das auch mit Nachdruck erhärten: "Will nich!" Und bleibt freundlich und kooperativ. Ich kann mit ihr reden - was vorher nicht möglich war. Sie ist gefestigter. Ich habe den Eindruck, dass ihr klar ist, dass wir Eltern sie sehen und hören und auf ihre Bedürfnisse und auch ihre Wünsche eingehen. Das bedeutet nicht, dass wir immer alles machen, wie sie es gerne will. Aber sie wird mit bedacht und hat in unserem Handeln ihre Sicherheit. Sie lässt sich anziehen, wenn wir rausgehen, sie kommt mit und hat Freude und ist wieder richtig ausgeglichen. Welch Erleichterung.

Eine zweiwöchige "Bockphase" finde ich auch erstaunlich. Ich glaube ja immer noch nicht an solche "Phasen": Dreimonatskoliken, Bockphase, Pipapo ...

Doch gehören schwierige Zeiten, die die Eltern an den Rand der Kräfte bringen, einfach mit dazu. Ich glaube, durch solche Herausforderungen wächst man mit. Kinder helfen uns, uns weiter zu entwickeln, so wir die Chance ergreifen. Ich für meinen Teil kann gelassener mit Stresssituationen nun umgehen. Zwar immer noch nicht so gelassen, wie ich es mir wünsche, doch bin ich wieder ein Stück stärker in mir geworden.

Die zweite Tochter war in dieser Woche mit auf dem Bahnhof, ihre große Schwester zum Großentag des Kindergartens zu bringen. Die 5- und 6jährigen Kinder fuhren in einen Waldkindergarten nach Decin und trafen sich daher auf dem Bahnhof. Welch Begeisterung bei der zweiten Tochter, als sie sah, dass auch viele andere Papas Bärte trugen: "Andern Papa auch Bart." "Noch ein ander Papa auch Bart." "Noch Bart." und so weiter. Als sie nach Hause kam, die Frau hatte die Kinder gebracht, wurde es mir direkt erzählt und sie kletterte auf meinen Schoß und streichelte mir den Bart und berichtete ganz aufgeregt.

Das "Andern" ist nun auch die Unterscheidung zwischen den beiden Großelternpaaren. Es gibt somit "eine Oma" und "andern Oma" ebenso wie "ein Opa" und "andern Opa". Das kommt daher, dass das Kindlein so traurig war, als wir die große Schwester bei der einen Oma ließen und zur anderen gefahren sind. Nur sagte die zweite Tochter immer “andern Oma“ weil wir zu ihr sagten, dass wir ja zu einer Oma fahren würden, sie aber bei der mit der Schwester sein wollte.

Diese, also die erste Tochter, hat doch recht viel Freude im Kindergarten. Sie ist auch sehr zufrieden, Mittagskind zu sein und somit der "Meckerzeit" dort zu entgehen. Wir haben das Kind zur Zeit fünf Tage in der Woche Vormittags im Kindergarten - und die kleine Maus ist völlig alle. Ich denke, dass es auch Kinder gibt, die sowas verkraften können, sie kann es nicht. Dazu sei aber anzumerken, dass ich selbst es unheimlich hasse, früh aufzustehen und dass die erste Tochter ein zartes Wesen ist. Sowohl von ihrer Statur, als auch von ihrem Wesen her. Und sie trägt das Los der Erstgeborenen. Das zusammen mit einer Portion Leidensbereitschaft macht das feine Kind aus. Auf der anderen Seite ist sie unheimlich stark. Sie ist sehr empathisch und ihr liegen andere Menschen sehr am Herzen. Sie setzt sich ein, um ihre Umwelt zu harmonisieren - auch auf die eigenen Kosten. Genau das ist etwas, was mir unverständlich und doch sehr vertraut ist. Ich denke, dass ich als Kind etwas Vergleichbares hatte. Ich würde mich freuen, wenn die erste Tochter doch aber mehr auf sich achten würde.

Genau das ist so ein Fettnapf, vor dem ich mich als Vater in acht zu nehmen habe: diesen Beschützerinstinkt, der bei diesem Kind unheimlich stark ist, nicht zu einem Hemmnis für sie werden zu lassen. Sie vor der Welt beschützen zu wollen ist keine so gute Ausdrucksform von Liebe, oder? Auf alle Fälle habe ich noch viel zu lernen und das gefällt mir.

Der Kindergarten fuhr also in dieser Woche in einen anderen Waldkindergarten in Decin und das war für alle sehr aufregend. Die Kinder dort haben eine Küche im Wald, sie halten Tiere in Gehegen und kümmern sich um die. So durften die deutschen Gäste die Wollschweine und Esel füttern, was die erste Tochter besonders begeisterte. Das andere, was sie besonders toll fand war, dass die Kinder sich super verstanden, obwohl sie einander fremde Sprachen sprachen.

Der Bauwagen vom Kindergarten steht zwar im Wald, wird aber leider noch nicht benutzt. Morgen soll er von der DEKRA abgenommen werden, dann noch Treppe und Kinderrucksackaufhängehaken angebracht und er kann bezogen werden. Ich bin gespannt, ob es in der kommenden Woche endlich was wird.

Die erste Tochter war in dieser Woche unheimlich mutig. Sie kann ja schon seit Ostern Fahrradfahren, traut es sich aber erst seit einigen Wochen so richtig alleine. Am Donnerstag war sie zu Hause, da sie etwas angeschlagen war. Dann kamen Freunde überraschend zu Besuch und nahmen das Kind mit, um im schönsten Sonnenschein an der Elbe Fahrrad zu fahren. Was für ein Spaß. Und das Kind traute es sich auch zu, mit denen mit zu ihnen nach Hause zu fahren, dort Mittag mit zu essen und zu spielen. Erst am späten Nachmittag kam sie wieder - total glücklich und ein wenig erschöpft. Dann bekamen wir aber noch Besuch von ihrer besten Freundin, die zum Schlafen blieb. Die beiden großen Mädchen waren völlig aus dem Häuschen und sehr überdreht, so sehr freuten sie sich.

Das färbte auch auf die zweite Tochter ab, die nicht ins Bett wollte, solange die anderen beiden noch tobten. Da sie aber selbst sehr k.o. war, doppelte sie nicht mit, sondern setzte sich mit einem Buch aufs Sofa und schaute sich dies in die Kissen gemummelt an und kommentierte versonnen was sie dort sah. Als alle genug gespielt hatten, fielen sie erschöpft in die Betten (wollten zwar nicht, aber murrten auch nicht wirklich) und schliefen ruckzuck ein.

Gestern war ich bei einem Brauseminar. Toll. Den ganzen Tag Bier trinken, leckeres Essen essen und den Vortragenden beim Brauen zugucken. Die Frau besuchte derweil mit den Kleinen ihre Eltern und kam dann heute wieder, nachdem ich mich so richtig ausgeschlafen hatte. Nun darf ich mich auch laut Zertifikat “Hausbrauer“ nennen - schön, nicht?

Ja, und im Moment sitze ich warm eingepackt an der Elbe mit Blick auf die Altstadt, neben mir schnarcht die zweite Tochter im Kinderwagen und ich schaue den Krähen am Himmel zu. So fein kann das Leben sein.

Viele Grüße
Euer Herr Gaigals

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Tagebuch Herr Gaigals

Herr Gaigals
Alter: 36
Wohnort: bei Dresden
Beruf: Krankenpfleger und zukünftig Lehrer
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 2 Töchter, 5 und 2 Jahre
Letzter Eintrag: 30.09.2013

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