07.09.2012
0. Woche
Was kostet ein Kind?
Wer ich bin. Wer zu meiner Familie gehört. Und warum manche Kinder mehr Geld kosten als andere...
Hallo und guten Morgen,
ich bin Herr Gaigals und habe das Angebot angenommen, den Blog von Väterzeit für voraussichtlich ein Jahr zu führen. Ich werde hier in diesem Rahmen von meinen Erlebnissen und Gedanken als Mann und Vater mit meiner Familie berichten. Diese besteht aus meiner Frau und mir und unseren beiden Töchtern. Meine Frau ist 9 Jahre jünger als ich, Studentin und träumt von Reisen durch andere Länder. Die erste Tochter ist fünf Jahre alt, geht in einen Waldkindergarten und will später mal eine Frau sein und auf einem Bauernhof mit Pferden arbeiten. Die zweite Tochter wird in wenigen Tagen zwei, hat einen sehr feinsinnigen Humor und hat von der großen Schwester gelernt, “zick“ zu sagen, wenn es einem reicht (zum Beispiel wenn sie keine Windel angezogen bekommen möchte).
Ich bin 36 Jahre alt, Krankenpfleger und habe gerade mein Lehrerstudium erfolgreich beendet und bin somit auf der Suche nach einem Referendariatsplatz.
Neue Perspektiven
Mein Studium konnte ich nur mit massiver Unterstützung durch meine Frau beenden.
Als wir das erste Kind im Studium erwarteten, war für mich klar, das ich ein Vater sein wollte, der für seine Kinder da ist. Ich nahm mir vor, ein anwesender Vater zu sein. Mir war nicht klar, was da auf mich zu kam. Ich stellte mir vor, dass ich als Vater nebenbei meinen Abschluss machen würde. Die meiste Zeit wollte ich aber bei der Familie sein.
Die Realität sah dann aber doch ganz anders aus. Mich befiel das Gefühl, für meine Familie sorgen zu müssen. Und obwohl ich der weltbeste Säuglings-Pfleger bin - keiner wickelt besser als ich (Neugeborenenstation) - war ich mit dem Vater-Dasein überfordert. Ich hielt mich von der Familie fern und stürzte mich in die Arbeit. Aber nicht ins Studium.
Das ging aber nicht lange gut. Meine Frau klagte ihren Mann ein und ich fuchste mich langsam in die neue Rolle ein - und es machte unglaublich Spaß. Ja, das Familienleben packte mich so, dass ich derartig aus dem Studium heraus kam, dass offen war, ob ich es je beenden würde. An diesem Punkt überlegte ich mit der Frau, was zu tun sei und wir trafen eine Vereinbarung: sie würde mir den Rücken frei halten für meinen Anschluss, wenn ich danach das selbe für sie machen würde. So kam es, dass ich nach meinem Studium nun offiziell in Vaterzeit bin, damit die Frau zu Ende studieren kann.
Die Eltern-Generation in unserer Familie wünscht sich sehr (wie es mein einer Bruder ausdrücke), das ich nun mal beginnen möge, ein Gehalt zu generieren. Dem Bruder der Frau geht es genau anders herum: er hat ein gutes Gehalt und die Erwartungen der Familie gehen in die Richtung, dass nun die Zeit für Nachwuchs sei. Da wundert es nicht, dass die Frau von ihrer Schwägerin der besseren Planung wegen nach den Kosten gefragt wird, die ein Kind so verursachen würde, oder?
Die Frau fand die Frage als solche schon mal daneben, denn darum würde es in der Fortpflanzung nunmal nicht gehen. Dabei ist dieser Gedanke nicht so abwegig. Ich habe gerade wo gelesen, das unter van der Leyen als Familienministerin eine direkte Werte-Neuordnung stattfand. Wurde noch bis vor kurzem nicht nur jedem Kind Geld gegeben (Kindergeld) sondern die Leistung der Eltern, die Kinder zu erziehen als solche gewürdigt (Erziehungsgeld), wird nun bedürftigen Familien das Kindergeld angerechnet und mit dem Elterngeld die Lohnarbeit der Eltern vor dem Kind bedacht (finanziell schwache Familien haben aber auch nichts vom Elterngeld).
Die Überlegung, was ein Kind kostet, ist also gar nicht so neu und auch nicht so abwegig. Aber, Hand aufs Herz, wer hat sich zu diesem Thema vor der Zeugung oder vielleicht auch vor der Geburt ausführlichere Gedanken gemacht?
Wie man sich bettet...
Die Frage nach den Kosten, die ein Kind so verursacht, durfte ich also der Schwägerin beantworten. Dabei fiel mir auf, je mehr ich das Kind zum Projekt erkläre, je mehr ich rumerziehe, desto teurer wird es. Umso mehr ich das Kind als selbstverständlich in der Familie willkommen heiße, desto günstiger wird es auch aus finanzieller Sicht.
Und natürlich spielt auch der eigene Anspruch eine Rolle: eine Freundin von mir kaufte Baby-Klamotten ein, so lange sie denken kann, da sie sich schon so darauf freute, ihrem Baby das irgendwann mal anzuziehen - aber im Moment wollte sie noch keinen Nachwuchs, das war davon unabhängig.
Es stellt sich also die Frage: was will ich meinem Kind anziehen? Hier ist zum Beispiel ein Punkt, für den wir Geld ausgaben. Hätten wir nicht brauchen, da wir viele Freunde haben, die Babys hatten und so Baby-Klamotten übrig waren, die wir nachnutzen konnten. Über diese Hilfe sind wir sehr froh und dankbar. Jedoch bezüglich wärme-ausgleichender Wäsche haben wir sehr genaue Vorstellungen und Woll-Seide gab es in den Geschenkekisten leider nicht.
Wichtig ist auch, sollte die Entscheidung auf ein Tragetuch fallen, sich hier ein neues zu zulegen. Ebenso gutes Schuhwerk kann neu sein. Aber zum Beispiel Stoffwindeln, etc. dürfen von mir aus gerne auch weiter genutzt werden.
Als Studenten haben wir damals bei der ersten Tochter die Hilfe von der ARGE und der Mutter-Kind-Stiftung über die Caritas genutzt und uns mit deren Hilfe eine Erstausstattung gekauft. Später erfuhr ich von einer Bekannten, sie hätte uns das alles auch geben können. So kauften wir verschiedene Sachen, die wir nicht brauchten: einen Kinderwagen (ist nur praktisch für den Einkauf oder die Sachen bei Zugreisen), eine Wickelkommode (mit meinem Bruder baute ich später ein Wickelmöbel mit schöner Nachnutzungsmöglichkeit) oder einen Wärmestrahler (essentiell für Kleinkinder, doch gab es einen in der Neubauwohnung, der es auch getan hätte und die Freundin hatte auch einen über). Wir kauften auch ein Babybett - was für eine Verschwendung. Wir hätten gleich stattdessen eine neue Matratze für das Ehebett gebraucht. Diese kauften wir dann später und vergrößerten unser vorhandenes Bett, das damit zum Familienbett wurde. In zwischen haben die Kinder natürlich ihre eigenen Betten. Diese nutzen sie auch, aber nur selten zum drin schlafen.
Umstandsmode und Stillkleidung gab es zum Teil von Freunden, da diese aber ja auch passen muss, wurde auch einiges gekauft. Spielzeug kommt erstaunlicher Weise von alleine ins Haus - vor allem von den lieben Großeltern. Und ja, Pflegeprodukte, Waschlappen, Handtücher, Zahnbürste und Bücher zum Thema Erziehung kauften wir.
Geld für Kinder ausgeben, kann man also so viel oder eben auch so wenig, wie man mag. Das was Kinder an Mehrkosten in der Familie verursachen, kann sich jeder leisten - und falls doch nicht, gibt es Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung, auf die zurückgegriffen werden kann.
Aber jetzt mal ehrlich, was kosten Kinder? Nerven? Zeit? Geld? Solch eine Rechnung bin ich nicht bereit auf zu machen. Geht es nicht eher darum, was Kinder brauchen und steht da Liebe nicht an erster stellte?
Mein Professor an der Uni legte mir als er von der ersten Schwangerschaft erfuhr zwei Umfragen zum Thema „Was macht glücklich?“ vor: Geld und ein toller Job waren neben Sex auf den ersten Plätzen, aber immerhin waren auch Kinder aufgeführt, doch nicht innerhalb der top drei. Das Kinder aber nicht die letzten Ränge besetzten muss daran liegen, dass es in der Umfrage auch Leute gab, die Kindern ein großes Glückspotential zuschreiben - und so einer bin ich. Kinder bereichern das Leben auf eine so wundervolle Art; die Liebe, die von diesen kleinen Menschen ausgeht, rein und unverfälscht; ihr Blick auf die Welt: ihre Neugier und Unvoreingenommenheit - all das zeigt mir jeden Tag aufs neue das Wunder des Lebens und beglückt mich ganz tief in mir drin.
Und davon möchte ich hier im kommenden Jahr schreiben. Darauf freue ich mich.
Herzlich
Herr Gaigals
Kiingone, Northeim:
08.09.2012 12:00
Hallo Sebastian, schön, dass Du Tagebuch schreibst, bin gespannt, wie es weitergeht. Was ein Kind kostet ist ja materiell des öfteren ausgerechnet worden: Unter 100.000 Euro kommt man kaum weg. Das sind mehrere Jahresdurchschnittsverdienste. Andere können das dann mal locker für ein neues Auto anlegen... Schön, dass es immer noch Männer gibt, die en Sinn des Lebens nicht im Protzen und Zeigen, wieviel man sich leisten kann, sehen.
volker , kassel:
07.09.2012 23:35
schön, ein neues Tagebuch! ich freue mich auf deine Berichte!