03.03.2013
24. Woche
Die Kindergeburtstagsfeier
Von Kindergeburtstagen, Kindereien und Kindermund
Am Mittwoch sollte sie nun stattfinden: die verschobene Geburtstagsfeier unserer ersten Tochter. Am Dienstag durfte sie im Kindergarten schon mal das Frühstück bereichern und bekam als Sechsjährige einen Wunschpfeil mit den symbolisierten vier Elementen. Gefällt ihr richtig gut.
Am vergangenen Sonntag konnte ich schonmal einen Vorgeschmack auf die eigene Kindergeburtstagsfeier bekommen, als ich mit der ersten Tochter - sie als einzig verkleideter Pirat auf einer Piraten-Party - die Feier des Sohnes einer Freundin besuchte. Ich kann es nicht genau sagen, woran es lag, aber sowas, wie diese Feier, kannte ich bisher nur als Klischee. Die Freundin meint, es würde an dem einen Problemkind liegen, dass die ganze Gruppe aufmischen würde. Und ich kann nicht sagen, ob es daran lag, dass es vor allem Jungs waren und die einen anderen Umgang miteinander haben, oder ob es daran liegen mag, dass es ein staatlicher Kindergarten ist, in den die Jungs gehen, oder doch eben es dieses eine Kind ist, welches sich unheimlich seltsam benahm.
Jedenfalls gefiel der ersten Tochter die Feier nicht, bis dann als Nachzügler zwei Mädels auftauchten, die noch aus der Tagesmutterzeit des Freundinnensohnes stammen und in Kindergärten privater Trägerschaft gehen. Die drei Mädchen spielten völlig anders zusammen, als es die Jungs taten. Die Jungen schlugen sich und hatten ein erstaunlich umfangreiches Repertoire unangebrachter Schimpfworte, die sogar mir die Sprache verschlugen. Eine so anstrengende Feier habe ich bisher noch nicht erlebt und ich kam leider nicht einmal dazu, ein längeres Gespräch mit den Eltern des Geburtstagskindes zu wechseln, weil meine Aufmerksamkeit von der Rasselbande in Beschlag genommen wurde. Es war ein gutes Training für Mittwoch.
Tatsächlich hatte ich mir vorgenommen, auf fremde Hilfe im Bezug auf die Feier zu verzichten und alles alleine zu stemmen. So holte ich sechs Kindergartenkinder vom Kindergarten ab und brachte sie alle mit dem Nahverkehr zu uns nach Hause. Warum Kindergartentanten rumschreien und laut sind, kann ich nun nachvollziehen - auch wenn ich es nicht gut heiße. "Nicht rennen!" "Nicht schubsen!" "Gib ihm die Mütze wieder, Mädchen, sonst weint er wieder!"
Auf der anderen Seite ist es fein zu beobachten, wie sich so eine Gruppe selbst organisiert und wie sie eigene Entscheidungen treffen. Auf dem Heimweg gibt es einen Umstieg am Bahnhof, von dem der Kindergarten ab und an Ausflüge unternimmt. Alle sechs Kinder waren bemüht, sich nach dem Aussteigen aus der Bahn in einer Zweierreihe hinzustellen. Nur weil das letzte Pärchen nicht zusammen sein wollte, kam Unruhe in die schon geordnet stehenden vier Kinder und wir gingen als lose Gruppe zu unserer Bahn. Oder die Diskussion am Kaffeetisch, ob nun die Hände vorher zu waschen seien oder eben nicht.
Fein war auch das Gespräch über die Dinosaurier, wann sie wohl gelebt hätten und was zu deren Aussterben führte. Dabei stellte sich heraus, dass nicht immer der richtig liegt, der am lautesten redet. Obwohl er viel sagen konnte und alle zuhörten, gab es Einwände, die genauso Sitz und Stimme hatten. So waren sich die Kinder am Ende nicht sicher, ob es nicht vielleicht doch noch überlebende Dinosaurier gäbe und die nun Drachen heißen würden. Froh waren alle, dass diese aber offenbar nicht in unseren Breiten hausen würden, denn die sind gefährlich und haben riesige Stacheln am ganzen Körper und können locker so ein großes Haus mit einem Haps verschlingen, wie das, in dem gerade gefeiert wurde.
Sieben Kinder waren geladen. Mit unseren beiden also neun. Die zweite Tochter war über soviel Besuch dermaßen glücklich. Sie kam mir auf der Treppe entgegen - ich lief als letzter der Horde - und rief mir aufgeregt entgegen: "Papa, Kinder!" Hopste etwas auf der Stelle und lief aufgeregt zurück in den Flur. Wahnsinn auch, wie schnell die Kinder doch so ein Zimmer auf den Kopf stellen können. Da die Großen unter sich sein wollten, wurde die Kinderzimmertür von innen mit der Truhe verbarrikadiert in der die Verkleidesachen schlummern. Die zweite Tochter war über das Ausgesperrtsein so entrüstet, dass sie direkt vor die Tür pullerte. Streckenweise war es auch ihr einfach zu laut.
Erstaunlich, wie dann ein Break Ruhe in die aufgewühlten Kinderseelen bringen kann. Kommt die zweite Tochter mit einem Buch zu mir und bittet darum, es vorgelesen zu bekommen, scharrten sich auch mindestens noch vier weitere Kinder um mich und lauschten andächtig meinen Ausführungen. So brachte auch die Frau ab und an Ruhe in die Bande. Schön war für mich, dass meine im Zimmer angebrachten Klettermöglichkeiten, die von der ersten Tochter nicht (mehr) benutzt werden, gleich von den Besuchskindern als das erkannt wurden, was sie sein sollten und ihrer Funktion zugeführt wurden. Eins war sogar so mutig, aus dem Hochbett auf das darunter stehende zu springen - ohne sich am Seil fest zu halten. Das gab einen lauten Krach und dann wurden solche Experimente eingestellt. Der Krach rührte aber weniger von durchbrochenen, als viel mehr von herausgerutschten Latten des Rostes - puh.
Topfschlagen mit Preisen war den Kindern eine feine Sache und die Frau hatte unter den Dingen, die wir nicht mehr haben wollen, schöne Sachen für die Besuchskinder herausgesucht. So trug ein jedes Kind Schrumps nach Hause und fühlte sich doch reich beschenkt. Nur die erste Tochter erkannte lang verschollen geglaubte Schätze unter den Preisen wieder und war über manchen Weggang dann doch ein wenig traurig.
Beim Abendbrot gab es frohe Kinder, die alle etwas überhitzt, doch recht glücklich waren und auf einen Nachmittag mit viel Toben und Krach machen mit lautem Rumschreien und schönen Geschichten zurückblicken konnten. Nur die zweite Tochter klagte über Bauchschmerzen, kam zu mir auf das Sofa, meinte, ihr sei dann doch ein wenig übel und kotzte mir direkt zwischen die Sofakissen. Die restlichen Kinder ließen sich davon nicht beeindrucken und spachtelten fröhlich weiter, derweil die Frau das Sofa reinigte und ich das Kindlein ins Bett brachte. Sie kuschelte sich auch gleich an mich heran und schlief fast sofort ein. Pünktlich um sieben kamen alle Abholberechtigten und sackten die Kinder ein. Leider ergab es sich nicht, mit dem einen oder anderen ein Bierchen zu trinken und ein Wort zu wechseln, wie ich es sehr gerne nach so einem Tag mag, da ich im Bett bei der jüngsten war, die mich trotzdem sie schlief nicht gehen lassen wollte und weil alle Erwachsenen sich stapelten war innerhalb von neun Minuten der ganze Spuk vorbei.
Nur noch das Nachbarskind blieb etwas länger und schaute noch mit uns einen kleinen Film und ging dann kurz vor acht die zwei Etagen nach unten. So hatte der aufregende Geburtstag doch noch einen schönen ruhigen Ausklang. Und das Fazit? Ja, trotzdem auch die Waldkinder wild und laut und teilweise ruppig waren, waren sie nicht so destruktiv drauf, wie die Bälger vom Wochenende zuvor. Sie waren laut und fröhlich, nicht laut und gemein...
In dieser Woche gab es auch einige Handlungen von weichenstellender Tragweite: der Telefonanbieter will seinen Anschluss nicht behalten und kommt uns nicht im geringsten entgegen, wenn es darum geht, individuelle Lösungen zu finden. Der Kindergartenplatz und die Wohnung sind zu Ende Mai gekündigt. Und ich war mit der Frau bei einem Schulmediziner, der sich traut, über den Tellerrand zu schauen. Er meint, dass es vielleicht noch andere Möglichkeiten in der Behandlung für die Frau geben könnte, als das, was die Schulmedizin so vorsieht. Wir dürfen gespannt sein.
In der kommenden Woche wird die erste Tochter drei Tage Probeunterricht an einer freien Grundschule in der Altmark erleben - ich hoffe sehr, dass wir dort einen Platz für sie bekommen werden, denn für diese Schule gibt es keine Alternative.
In der vergangenen Woche kam ich mit der zweiten Tochter vom Kindergartenkind-Wegbringen wieder, als sie im Treppenhaus zu mir fröhlich sagt: "Mama sagt zu mir 'Fick dich, du kleiner Kack-Igel!'" Es dauerte eine ganze Weile, bis ich heraus fand, dass sie ihr Tierspielen in diesem Falle mit der Handlung nach nach dem Toilettengang verband und ich die Wörter "Bück dich!" falsch verstanden hatte.
Hübsch ist auch, dass das "Ebenwohl!" der zweiten Tochter durch ein "Wegenwohl!" ersetzt wurde, welches sie sagt, wenn sie etwas mit Nachdruck "eben doch" möchte.
Kam doch die Tage die erste Tochter aufgeregt zu mir und fragte mich forschend: "Bist du oben deine Mama und unten dein Papa oder bist du oben dein Papa und unten deine Mama?" Tatsächlich zielte sie mit der Frage auf Gesichtsähnlichkeiten ab.
In vier Wochen ist Ostermontag. Mal sehen, was es bis dahin noch alles zu erleben gibt.
Euer Herr Gaigas
Yvonne, Berlin:
11.03.2013 10:14
Sehr lustig, das mit dem Kindergeburtstag! Habe ich diese Woche auch hinter mir. Ich finde es immer am entspanntesten, wenn man auch rausgeht, damit sich alle mal austoben können z. Bsp. bei einer Schatzsuche.