väterzeit.de - Vater sein, Mann bleiben

25.11.2012 10. Woche
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Ein seltsamer Start in den Tag

Wortexplosionen, Totensonntag und andere Feiertage.
Das Sonntagsfrühstück mag ich ganz besonders. Der Sonntag ist etwas Besonderes und bei uns wird das durch ein ausgiebiges Frühstück eingeleitet. Dann weichen wir von der Routine der restlichen Woche ab und es gibt statt Haferflocken oder Frischkornbrei Brötchen mit Honig und Marmelade, Eier (weich gekocht) und lecker Cappuccino.

Mir war nicht bewusst, welche Bedeutung Feiertage in unserem Leben haben. Als Kind mochte ich sie sehr und freute mich darauf. Doch war mir das, was es an Feiertagen so schönes gab, nicht genug. So freute ich mich auf die Zeit, wenn ich selbst darüber bestimmen könnte, wie ich mir mein Leben gestalte und dann jeden Tag zu etwas Besonderem machen könnte. Als ich als Krankenpfleger tätig war und monatlich ein gutes Gehalt auf meinem Konto einging, habe ich nicht an später gedacht, sondern das Leben gefeiert und genossen. Es war eine schöne Zeit. Und doch fehlte mir etwas. Es war schön und nicht genug.

Wie in der Geschichte mit den zwei Männern, die nach dem Tod entscheiden dürfen, was sie wollen. Der eine möchte auf einem Schemel zu den Füßen Gottes sitzen und den Engelschören lauschen. Der andere will in einem schönen Palast leben und jeden Tag sein Lieblingsessen haben. Dem ging es nicht so gut. Damit er aber seine Pein etwas erleichtert kriege, gab es einen Durchguck, mit den er auf den Mann mit seinem Schemel schauen konnte und sich mit ihm mitfreuen zu können.

Was es mit Feiertagen also auf sich hat, wurde mir erst so richtig im Zusammenleben mit meiner Familie klar. Anstoß dazu gab es auch innerhalb meines Studiums. Steiner und Petersen, Waldorfpädagogik und Jenaplan, betonen, wie wichtig es ist, Akzente im Leben zu setzen - mit Hilfe der Feiertage. Zusammen leben ist gemeinsam lernen, arbeiten und feiern. Auch in der Religionsphilosophie gibt es verschiedene Abhandlungen zu Feiertagen, Sonntagen und Alltagen - angefangen bei dem göttlichen Ruhetag bis hin zur Gegenwart Gottes im Alltag und der damit verbundenen Vollendung.

Vollendet war mein Tag heute nicht. Statt meines Superfrühstücks ging heute irgendwie alles schief. Geweckt wurde ich von einem ungeduldigen Kind, das mich anjammerte, Frühstück zu machen und endlich aufzustehen. Dann fiel mir auf, dass ich vergessen hatte, Butter zu kaufen und die Margarine der Frau reichte auch nur noch für zwei Brötchenhälften. Beide Kinder konnten derweil es nicht erwarten, dass es nun endlich mal was zu essen geben würde und liefen nur weinerlich im der Küche rum, statt mitzuhelfen. Als ich sie dazu aufforderte, fanden sie schnell andere Beschäftigungen, so hatte ich wenigstens meine Ruhe in der Küche. Ich vergaß die Eieruhr zu stellen und sie wurden leider zu weich. Was ich schlimmer als festes Eigelb finde ist flüssiges Eiweiß. Und als ich mich nun etwas fertig am Tisch niederließ, durfte ich feststellten, dass mein Kaffee wässrig schmeckte.

Der zweite Cappuccino, den ich mir zum Blog schreiben machte, schmeckte dann allerdings sehr gut und entschädigte mich für diesen komischen Start in den Tag.

Heute ist Totensonntag. Dazu passend will ich mit der Frau in die Nachmittagsvorstellung von Skyfall gehen. Wir haben einen völlig unterschiedlichen Filmgeschmack, nur bei James Bond überschneidet er sich. Als Daniel Craig die Rolle übernahm und die Filmwelt sich darüber aufregte, war ich auch mit meiner Frau der Überzeugung, dass er einen Spitzen-Bond abgeben würde. Für mich gab es nur einen Bond: Connery. Brosnan konnte ich auch annehmen. Aber Craig hat eine neueBond-Ära eingeleitet. Gefällt mir. Als Lara Crofts Gegenspieler möchte ich ihn nicht, doch, ja, ich bin ein Craig-Fan.

Jedenfalls mochten die Frau und ich ihn im Kino sehen und so waren wir im ersten Craig-Bond - hochschwager mit der ersten Tochter. Daran ist zu sehen, wie unbedarft wir an die Situation heran gegangen sind. Eigentlich völlig verantwortungslos. Heute finde ich es im Rückblick eher lustig. Aber als die Schüsse los gingen und die Geräusche des Kampfes, versuchte der Bauch zu fliehen. Das Baby zuckte jedesmal zusammen und turnte im Bauch herum. Uns wurde mulmig, wir fassten uns innerlich an die Stirn (Picard facepalm) und blieben, die Situation des Babys verdrängend  sitzen, um dem Film uns anzuschauen. Den zweiten haben wir uns auch gemeinsam angesehen und heute nun den dritten - ich freu mich drauf.

Passend zum Totensonntag rief eben meine Mutter an und teilte mir mit, dass meine Eltern gestern eine E-Mail bekommen haben, in denen ihnen mitgeteilt wurde, wo mein seit 1945 für die Familie vermisster Opa liegt: in Kaliningrad. Das ist garnicht so weit von seiner Heimat Klaipeda entfernt. Über diese Nachricht bin ich erstaunlich gerührt. Es ist schön, Gewissheit zu haben.

In dieser Woche gab es auch sehr spannende Entwicklungen bei den Kindern: die erste Tochter ist erkältet und zog daher wieder ins Familienbett. Sie blieb wegen der Erkältung diese Woche auch zu Hause. Es waren aber sowieso nur zwei KiTa-Tage, weil Mittwoch Feiertag war und wir alle frei hatten (Buß- und Bettag) und der Kindergarten dann zwei Brückentage eingeschoben hatte.

Den Feiertag nutzen wir, um bei schönstem Wetter in den Zoo zu gehen. Da gibt es zur Zeit lustige Tierkinder: zwei junge Löwen, die herumlaufen und sich balgen, Elstern jagen und die Eltern ärgern, als auch zwei fast dreijährige Orang-Utans, die sehr viel Spaß machen. So spielte der eine ein Spiel, was der zweiten Tochter sehr vertraut war. Er nahm ein großes Laken und decke sich damit zu und schaute dann immer mal darunter hervor. Sah ihn dann seine Mutter schien er begeistert und deckte sich schnell wieder zu. Dann spielte die Mutter mit und versteckte sich auch unter der Decke. Daraufhin kam der Kleine wieder heraus und die Mutter “fing“ ihn mit der Decke und dann saßen wieder beide unter dem Laken. Bei der zweiten Tochter heißt dieses Spiel “Höhle“ und das sagte sie auch voll Freude des Wiedererkennens: “Ape Tuch Höhle!“

Sowieso hat die zweite Tochter in dieser Woche eine Wortschatz-Explosion vollbracht die mich unheimlich erstaunt und ihr Verständnis für die Situation um sie herum ist auch feiner geworden. Die Frau erklärte ihr, das am Nachmittag die Oma zum Aufpassen käme: “Ja. Oma nich aua bum.“ Also passt die Oma auf, dass das Kind nicht hinfällt. Oder als die Frau erstaunlicher Weise beim Frühstück gerne noch ein Ei wollte, es aber keins mehr gab, forderte das Kind sie auf: “Mama nich Hunger Ei.“ Außerdem spricht die sehr gern von allen Verwandten in der  Niedlichkeitsform, indem sie überall ein „lein“ anhängt. So bin ich neuerdings „Papilein“, es gibt „Mamilein“ und „Omalein“. Nur der eine Opa wird mit dem Vornamen angesprochen: „Opa Hard“. Ebenso hat sich die Bezeichnung für “groß“ geändert. Vor nicht all zu langer Zeit war alles, was groß war entweder „Mama“ oder „Papa“. Ein „Papiauti“ war ein großes Auto. Jetzt ist als „dick“. Bei mit stimmt das ja: „dicker Papi“. Bei der Mama nicht. Und sie ist nach wie vor klein, also „Baby“. Doch gibt es jetzt noch eine Abstufung: „jungen“. Es ist erstaunlich, was alles „jungen“ ist. Dabei habe ich mich mit der zweiten Tochter in dieser Woche über die Geschlechter unterhalten. Sie erklärte mir, wie das so funktioniert: „Lotta jungen. Dann dicke Frauen. Lotta Mama.“ klar, oder? Und zu mir meinte sie: „Du dicke Mannen, Papa.“

Sie kennt nun „Hunde“, „Ampel“ (Schwarzer Vogel mit gelbem Schnabel), „Pfed“, „draußen“, „Schule“ und was weiß ich noch alles - neu in nur einer Woche. Sie hört ein Wort und spricht es nach. Nur die Fische sind nach wie vor „Hi“ (bis eben - ich frage sie, was sie zum Fisch sagt und sie antwortet: „Fisch, da Papa.“ und zeigt aufs Aquarium). Mir geht das alles etwas schnell.

Es grüßt herzlich euer verblüffter
Herr Gaigals

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Kommentare von Lesern:

 
Yvonne, Berlin:
26.11.2012 19:38
Sehr witzig, sehr gut aufgebauter Bericht! Da macht das Lesen spaß!

Tagebuch Herr Gaigals

Herr Gaigals
Alter: 36
Wohnort: bei Dresden
Beruf: Krankenpfleger und zukünftig Lehrer
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 2 Töchter, 5 und 2 Jahre
Letzter Eintrag: 30.09.2013

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