väterzeit.de - Vater sein, Mann bleiben

13.05.2013 34. Woche
Schrift vergrößern     Schrift verkleinern

Eierkuchen

Vom ersten Besuch auf dem Land, der Freude, kluge Kinder zu haben und den abendlichen Querelen, Kinder ins Bett zu bringen.
Über eine Woche frei und Familie steht mir noch ins Haus. Es ist einfach himmlisch. Besonders genießt das zweite Kind, dass ich wieder mehr Zeit habe, aber auch die erste Tochter ist über Vaterzeit sehr glücklich und zählte schon die Tage in der vergangenen Woche.

Die fing super an: als Einstieg hielt ich meine ersten zwei Stunden Ethik-Unterricht in einer total lieben Klasse, die sich sogar rege an 90 Minuten Frontalunterricht mit Unterrichtsgespräch beteiligten. Ach, ich bin auch so glücklich über meine Mentorinnen. Ich fühle mich im Moment so richtig wohl an der Schule. Das setzte sich am Dienstag, als ich meinen ersten Unterrichtsbesuch hatte, fort. Vom Kopf her war mir ja klar, dass eigentlich nix passieren kann. Und doch war ich aufgeregt und nervös und hatte vor lauter Bammel sogar eine Planungsblockade. Meine Vorbereitungen ließen sich nicht so hingießen, wie ich es mir wünschte und vorstellte. Als dann am Montag Abend auch noch das Internet per Funk ausgefallen war und hier auf dem Dorf kaum jemand anderes hat (keiner den ich kenne) und die Zeit der Abgabe vorbei war, war bei mir auch alles vorbei. Doch es lief alles super und ich habe wertvolle Tipps und Hinweise bekommen, worauf ich noch so alles achten kann und wie ich mir manches einfacher machen kann - Handwerkszeug. Genau das war es. Im Moment bekomme ich das Handwerkszeug. Das Studium war die theoretische Vorbetrachtung und nun kommt die Praxis und ich darf richtig viel lernen.

Mein Vater hat in dieser Woche auch was lernen dürfen. Er mochte immer die kleinen roten Feuerwanzen, die als Familien an den Bäumen sitzen und am Wegesrand. Und er mochte nie die chemische Keule, um unliebsame Kräuter zu entfernen. Bis ein Freund ihm riet, diese doch einzusetzen, da er ja nun auch nicht mehr so könne und einmal gesprüht und der Weg sei unkrautfrei - auch länger. Da mein alter Herr auch auf das Sparen bedacht ist, so tastete er sich erst mal an die richtige Dosis heran und nahm weniger, als auf der Packung des Totalherbizids angezeigt war. Da es auch seine Wirkung tat, war mein Vater sehr zufrieden und sprühte nun den Gehweg, statt ihn zu hacken. Doch wie traurig ist er nun, als er feststellen musste, dass die Feuerwanzen alle tot sind? Keine einzige mehr an den gewohnten Orten. Ja, normaler Weise werden diese Tierchen auch als unliebsam betrachtet. Doch nicht bei uns. Sie störten nicht und waren hübsch anzusehen. Keine einzige mehr im Revier. Das stimmt nachdenklich. Und damit kann ich gleich den Bogen zur Ernährung unserer Kinder schlagen, die nur Produkte aus dem ökologischen Landbau bekommen. Ich möchte nicht, dass Pflanzen und Tiere mit Chemie vernichtet werden, die der Mensch nicht im Griff hat. Lieber gebe ich etwas mehr Geld dafür aus, dass ich glauben darf, die konsumierten Produkte sind dem Gedanken der Nachhaltigkeit entsprungen. Die Welt ein Stück besser verlassen, als wie sie war, als wir sie betraten, ist ein sehr schönes Ansinnen in meinen Augen.

Am vergangenen Wochenende hatten wir nun auch schon den ersten Besuch aus Dresden hier auf dem Land. Heute fuhr also die beste Freundin der ersten Tochter wieder mit ihrer Mutter heim. Die zweite Tochter liebt ja die beste Freundin der ersten Tochter abgöttisch - ohne dass es auf Gegenliebe stößt. So musste sie in den letzten Tagen es öfter mal ertragen, dass die "großen" Mädchen etwas alleine machten und sie ausgeschlossen wurde. Zum Beispiel war das Kinderherz sehr getroffen, als sie mal alle drei zusammen spielten und die beiden älteren Mädchen sich von dem jüngeren, die eine Hexe mit einem Stock war, jagen ließen. Auf einmal liefen die beiden Gejagten davon und versteckten sich. Für das kleinere Kind ein Regelbruch: "Ich habe doch noch den Tock. Doch die beiden sind einfach weg."

Gut, dass sie mit ihren Gefühlen klar und im Reinen ist. Vorhin gerade wollte sie zur Mama auf die Straße hinterher laufen. Als sie am Torweg ankam, versuchte sie das kleine Tor für die Fußgänger zu öffnen. Da sie aber nur an dem Riegel, der es innen für die Nacht versperrt, herumschob und das Tor sich damit nicht öffnen lies, war sie ärgerlich. Sie trat gegen das Tor und kam zurückgestiefelt, um sich Hilfe von mir zu holen. Entsprechend ist es für sie auch traurig aber nicht schlimm, wenn das dritte Mädchen wieder nach Dresden fährt. Die erste Tochter hat heute dagegen einen sehr sehr traurigen Tag. Nachdem sie nun wieder nur alleine mit ihrer kleinen Schwester ist, kann sie daran nichts Gutes entdecken. Lieber will sie ihren Ärger auch an die kleine Schwester weiterreichen. Bei jeder sich bietenden Möglichkeit ärgert sie sie.

Doch heute bei der Planung des Essens der nächsten Tage, fragte ich ob der hauptsächlich vegetarischen Ernährungsform nach den möglichen Umami-Geschmacksträgern. Den restlichen Leuten am Tisch sollte ich nun erklären, was Umami sei. Die erste Tochter jedoch antwortete: "Na Tofuwürfel."

Am Abend dann, als es darum ging, die Kinder ins Bett zu stecken, begann die zweite Tochter aufzudrehen, wie ich es sonst nur von ihrer älteren Schwester her kenne. Als sie dann der Mama ins Bad folgen wollte und ihr nackig hinter her lief, gab es eine kleine Weile später ein großes Hallo im Flur, ich müsse unbedingt kommen. Als ich den Ort des Geschehens erreichte, stand die zweite Tochter auf einem Holzstuhl und hatte mehrere kleine braune Batzen zwischen ihren Füßen, die streng rochen. Die Frau hatte an derlei Abendbeschäftigung kein Interesse und so oblag es mir, das Kind und den Stuhl zu säubern, was ich auch in dieser Reihenfolge tat. Das Kind mit blankem Hinterteil will wieder ins Schlafzimmer gebracht werden. Ich vertröste es auf den Abschluss der Reinigungsarbeiten. Da stellt sie sich neben mich und beäugt etwas angewidert die Ausscheidungen: "Ganz schön eklig ------ deine Kacke." Verschmitzter Blick zu mir. "Das ist doch deine Kacke." sage ich zum Kind.
"Nein, deine."
"Nein, deine."
"Du bist ein alter Schelm."
"Na, du bist ein Schelm."
"Nein, du bist ein alter "Schelm."
"Und du bist ein kleiner Schelm."
"Papi, darf ich dir mal was ins Ohr flüstern?"
"Klar." herunterbeugend.
Flüsternd: "Du bist ein alter Schelm."

Und dann gibt es noch traurige Dinge. Die erste Tochter ist zum Beispiel darüber traurig, dass sie nicht mehr auf dem Spitzboden schlafen darf. Den hatten wir für den Besuch etwas vorgerichtet. Eine Bretterluke geöffnet und ein Fenster einsetzen lassen, den alten Krempel weggeräumt und sauber gemacht und die zwei Kinderbetten aus Dresden dort aufgestellt - schon konnte dort die Besuchsmama mit ihrem Kind und der ersten Tochter schlafen. Gerne würde diese da weiter nächtigen - nur nicht alleine oder mit der kleinen Schwester, sondern mit anderen ihr lieben Kindern.

Doch bis es soweit ist, wird noch einiges an Zeit vergehen. Denn erst in vier Wochen werden meine Eltern meine Nichte für drei Wochen herholen und dann können die Kinder wieder laut schreiend wild durch die Gegend laufen und ihrer Lebensfreude ungebremst Ausdruck verleihen. Das ist es, was ich so sehr genieße: die freien Kinder.

Alles Liebe!
Euer Herr Gaigals

Dieses Tagebuch abonnieren:


Neuer Beitrag? Bitte schicken Sie mir eine Nachricht! Die Benachrichtigungen kann ich durch Anklicken des "beenden"-Links am Ende jeder eMail stoppen.
Meine eMail:

Kommentar zu diesem Beitrag schreiben:

Name, Ort:
Mein Kommentar:
Bisher wurden noch keine Kommentare abgegeben.

Tagebuch Herr Gaigals

Herr Gaigals
Alter: 36
Wohnort: bei Dresden
Beruf: Krankenpfleger und zukünftig Lehrer
Familienstand: verheiratet
Geburtstag Kind: 2 Töchter, 5 und 2 Jahre
Letzter Eintrag: 30.09.2013

Alle Väter-Tagebücher lesen   Alle Väter-Tagebücher
Tagebuch lesen  34. Woche
Eierkuchen