05.07.2009
11. Woche
Harley Davidson und Managementprobleme
Mika entwickelt sich zum Bewegungsfetischisten und wir üben elterliches Management.
Diese Woche lasse ich anlässlich der Harley-Days in Hamburg schon mal am letzten Sonntag beginnen. 65.000 knatternde und hupende Maschinen konnten unseren Sohn nämlich nicht davon abhalten, den Schlaf der Gerechten zu halten – unmittelbar neben der Fahrbahn. Aber der Reihe nach.
Als Träger eines Spenderorgans gehöre ich quasi zu einer Art Elitetruppe, die Szene ist überschaubar. Das führt natürlich dazu, dass man sich kennt, den einen, oder in dem Fall die eine auch mal etwas näher. Natürlich ist das "Aha" und "Oho" groß, wenn im Hause eines Mitglieds dieser Elitetruppe Nachwuchs ansteht und so kam es, dass wir uns am Sonntagmorgen zum Frühstück auf der Schanze wiederfanden, um Mika einer „Leidensgenossin“ zu präsentieren. Schon die Busfahrt gestaltete sich prächtig. Einzig wenn der Bus zu lange hielt, wurde Mika unruhig und forderte pöbelnd sein Recht auf unmittelbaren Weitertransport ein. Dies passiert auch in Papas oder Mamas Auto, im Einkaufswagen, dem Kinderwagen und überhaupt allem was sich bewegt. Im Café angekommen, verschlief Mika erst mal die erste halbe Stunde um dann aufzudrehen. Von meiner Bekannten, über die Kellnerin, anderen Müttern bis hin zu anwesendem weiblichen Nachwuchs wurde alles angeflirtet und ausgiebig „begrinst“. Das strengt natürlich an und so bekam unser Nachwuchs auch nicht mit, dass der Bus uns wegen der für die Harleys gesperrten Straße weit vor der Haltestelle entließ und der Fußmarsch von der Parade der Biker unterbrochen wurde.
Apropos Parade, das war ein Paradebeispiel dafür, was der Herr alles mit sich machen lässt. Von Anfang an beschäftigten wir uns auch mit dem Gedanken, wann wir denn wohl wieder etwas unternehmen wollen. Von Erzählungen anderer Eltern wussten wir, einige igeln sich monatelang ein, andere gehen zwar aus, telefonieren aber dem Babysitter nach und sind die ganze Zeit unruhig. Wir beschlossen nach kurzer Zeit zu versuchen, Mika mitzunehmen. Essen gehen, Einkaufen, Frühstücken gehen, Freunde besuchen – Mika quittiert bislang alles mit Gelassenheit. Ich dankbar dafür, dass es bei uns in diesem Zusammenhang so ruhig abläuft. Von den Vätern unter meinen Kollegen weiß ich – es geht auch anders.
Den Rest der Woche verbuche ich seitens des Nachwuchses als ruhige Woche ohne sonderlich viele Vorkommnisse. Es gibt jeden Tag etwas Neues zu sehen und zu erleben, wie Mika seine Hände und Füße entdeckt etwa, oder dass er beginnt Nachzuahmen, zu brabbeln, zu greifen. Voller Stolz beobachten wir auch, wie unser Nachwuchs es schafft über Nacht etwa fünfzig Zentimeter Strecke in seinem Bett zurückzulegen, manchmal auch mit Schräglage. Die Liste wird jeden Tag länger und die Geburt selbst kommt einem, obwohl gerade mal zweieinhalb Monate her, schon sehr weit weg vor.
Natürlich ist nicht alles positiv und reibungsfrei. Immer noch suchen Mami und Papi ihre Rolle in der Sache. Nicht immer herrscht im häuslichen Management Einigkeit darüber, was mit Mika zu geschehen hat. Manchmal übertriebener Fürsorglichkeit von Mami steht oft ein zu gelassener Papi gegenüber und egal, wer sich letztlich durchsetzt, der jeweils andere schmollt dann ein bisschen herum. Dazu kommt, dass es schon Situationen gibt in denen man sich einfach nur noch seine Ruhe wünscht. Und wie Murphy es vorsieht, kommen dicke Luft und ein aus nicht nachvollziehbaren Gründen schreiendes Baby immer genau auf die halbe Stunde, in der es eigentlich die Möglichkeit gegeben hätte zu Entspannen und etwas für sich zu tun. Wir arbeiten dran.
Auch Haus, Garten und andere Dinge leiden natürlich. Wenn ich abends von der Arbeit komme, möchte ich natürlich runterkommen, aber auch Zeit mit Mika genießen, bevor er ins Bett muss. Parallel muss ich der ausgelasteten Mami als Zuhörer dienen, Post erledigen, Termine absprechen und gemeinsam mit ihr für Essen sorgen – schon ist es elf. Wenn man dann doch mal einige Stunden hat, sieht man fern, schläft oder döst herum. Kein Wunder, dass ich noch Winterreifen drauf habe. Auch hier werden sich die Dinge einspielen (diese Woche schaffe ich es aber die Reifen zu wechseln!)…….
Wie managed ihr Väter da draußen euren Alltag? Was macht ihr um "runterzukommen"?
Euer Bruno
Bruno, Hamburg:
07.07.2009 11:09
@Gerd: in diesem Krieg helfen meine 8 Jahre Bundeswehr auch nicht weiter ;-)
Zur Elternzeit werde ich nächste Woche mal Stellung nehmen. Die Putzhilfe haben wir auch schon. Wie gesagt, wir arbeiten dran.
das mit dem runterkommen ist so eine Sache. Mein Job im Marketing bringt es mit sich, dass ich auch nach der Abreit den ein oder Anderen kreativen Gedanken habe oder mir Konzepte im Kopf herumgehen. Dauert immer so eine Stunde bis ich wirklich zu Hause "angekommen" bin.
Außerdem bin ich nebenher auch noch im Einsatz, als Autor, aber auch ehrenamtlich für das Thema Organspende. Irgendwas leidet immer, es sollte bloß um Gottes willen nicht der Kleine sein .....;-)
volker, köln:
06.07.2009 19:41
hört sich nach dem ganz normalen väteralltag an bei euch. nimm dir öfter mal nen abend frei - deine frau sollte das auch tun. und wartet nicht zu lange, bis ihr eure erste gemeinsame auszeit nehmt... viel glück!
Gerd, Norddeutschland:
06.07.2009 17:36
Hallo,
"runterkommen" muss ich eigentlich nicht. Wenn ich zu Hause ankomme und mich umgezogen habe, bin ich dann halt der Familienmensch.
Um Euren Alltag zu entstressen, rate ich mal folgendes:
1. Elternzeit nehmen (bei Dir nicht geplant?)
2. Teilzeit arbeiten (eher möglich?)
3. Arbeitsintensive Sachen "outsourcen" - den Rasen kann auch mal für ein paar Euro der Nachbarsjunge mähen und Unkraut jäten auch. Putzen kann auch mal eine Putzfrau. Bei uns kommt ein mal die Woche eine Putze für 2 Stunden, die macht nur die wichtigsten Sachen und kostet uns selbst mit offizieller Anmeldung weniger als 100 Euro im Monat. Das hilft ungemein und ist mir jeden Euro wert.
4. Den täglichen Kleinkram strukturieren. Rechnungen und sonstiger „Verwaltungskram“ werden auf einen Stapel gelegt und nur einmal die Woche konzentriert abgearbeitet. Beim Abendessen kann man vorkochen (einfach immer die doppelte Menge kochen) und damit Zeit sparen.
Nicht verzweifeln: das erste Kind ist wie Krieg, nur dass die Genfer Konvention nicht gilt. Beim zweiten Kind wird man da gelassener, da hat man schon kapituliert. 
Und der Konflikt zwischen überfürsorglicher Mutter und sorglosem Vater ist mir keineswegs unbekannt. Selbst beim zweiten Kind.