21.02.2011
25. Woche
Sie schlagen sich und sie vertragen sich
Leila lebt sich ein – die Brüder streiten und lieben sich
Wir könnten so ein entspanntes Miteinander haben, wenn da nicht immer diese ewigen Streitereien zwischen Amadeo und Emilio wären. Man kann sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Kaum sind sie zusammen, dauert es nicht lange, bis einer von beiden ankommt. Entweder beschwert er sich, dass der andere wieder etwas „Böses“ getan hat und weint, weil der andere ihm weh getan hat.
Dummerweise sind das fast immer Situationen, in denen Anna oder ich nicht direkt dabei sind. Wir können also nie so richtig beurteilen, was nun genau passiert ist. Und die beiden stehen natürlich da und zeigen auf den jeweils anderen: „Der hat …“ Da ist guter Rat wirklich teuer. Oft habe ich zwar eine Vermutung, wer da nun der Bösewicht war, aber da ich nicht sicher bin und auch nicht ungerecht sein möchte, fällt es mir häufig schwer, richtig zu reagieren.
Heute Morgen waren die beiden alleine in der Küche. Emilio war zuerst unten und hat schon einmal angefangen, das Frühstück zu machen. Das ist eigentlich für einen Dreijährigen schon eine tolle Sache. Er ist da auch sehr erfindungsreich, zieht sich einen Stuhl vor den Kühlschrank, um die Marmelade und Butter heraus holen zu können.
Dann wollte er wohl noch höher hinaus, ist vom Stuhl auf die Arbeitplatte gestiegen um die Hängeschränke mit den Tellern und Tassen öffnen zu können. Das hat er von seinem großen Bruder gesehen und wollte es auch so machen. Amadeo war inzwischen dann auch in die Küche gegangen und wollte dann gleich mithelfen. Die Geschichte mit den Tassen und Tellern hat er wohl als sein Ding angesehen und hat dann versucht, neben Emilio auf die Arbeitsplatte zu klettern. Und was macht sein kleiner Bruder? Der schubst ihn einfach runter. Klar, Amadeo muss sich da nicht dazwischen drängen, aber die Reaktion von Emilio war eben auch nicht gerade angepasst.
Es ist von einem Dreijährigen sicher auch schwer zu verlangen, immer das richtige Maß zu finden, aber irgendwie denke ich, er müsste schon wissen, dass es übertrieben ist, seinen Bruder irgendwo herunter zu stoßen. Er merkt natürlich, dass er seinem großen Bruder dank seiner Robustheit körperlich deutlich weniger unterlegen ist, als verbal. Und die Kompromissfindung über eine Diskussion ist wohl auch zu viel verlangt. Gelingt sie uns Erwachsenen doch nicht immer.
Auf der anderen Seite halten die beiden auch toll zusammen. Wir waren am Wochenende bei Freunden zum Essen eingeladen, die einen Jungen im Alter von Emilio haben. Die drei haben recht schön zusammen gespielt. Dann hat der Junge es sich erdreistet, Amadeo mit irgendeinem Spielzeug zu schlagen. Da ist der kleine Emilio auf ihn losgegangen, hat gerufen: “Lass meinen Bruder in Ruhe“ und hat versucht, dazwischen zu gehen.
Und abends wollten sie dann beide zusammen in einem Zimmer schlafen. Weil es ja so schön ist, einen Bruder zu haben. Und kaum liegen sie zusammen, geht der Streit schon wieder los. So geht das Spielchen hin und her. Na ja, Langeweile kommt so nie auf.
Dabei muss ich immer zu sehen, dass Joe nicht völlig vergessen wird. Er ist ja meistens ein recht braver ruhiger Zeitgenosse, wenn er gerade keinen Hunger hat, das Bäuchlein zwickt, die Zähnchen kitzeln oder die Müdigkeit zu groß wird. Er ist so ein Sonnenschein und es macht so viel Freude, mit ihm Späßchen zu machen. Wenn ich dann einen Blick auf Amadeo oder Emilio werde, wird mir immer bewusst, wie schnell die Kleinen groß werden. Das muss man wirklich genießen und versuchen, im Gedächtnis zu behalten.
Leila taut auch so langsam auf, traut sich ein wenig mehr zu sprechen und hat am Sonntagabend sogar für uns kolumbianische Maisfladen gebacken. Das fanden wir eine nette Geste. Heute ist sie mit Anna unterwegs, um ein paar Formalitäten und Einkäufe zu erledigen. Sie muss sich am Einwohnermeldeamt anmelden, braucht eine neue Bahnkarte und eine deutsche SIM-Karte. Nach den anfänglichen Bedenken, sind wir also momentan guter Hoffnung, dass wir uns bald ganz gut verstehen.
Ich wünsche Euch eine schöne Woche
Fritz
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