Familienarbeitszeit
Bild: Halfpoint-fotolia.com
Elternzeit ist schön, fürs Kind, für Papa und Mama. Aber wenn sie vorüber ist, fallen fast alle wieder in die althergebrachte Arbeitsteilung: Frau im Haus, Mann draußen. Dabei wollen die meisten Paare eine 50:50-Aufteilung. Deshalb hatte die Bundesfamilienministerin einen Vorstoß für eine Arbeitszeitverkürzung während der frühen Familienfase unternommen - und wurde von der Kanzlerin abgekanzelt. Jetzt bieten neue Zahlen und ein neues Konzept die Chance für eine Umsetzung.
Nur wenige leben so, wie sie es wollen
Nur ein Prozent der Paare mit jungen Kindern lebt so, wie es sich der größte Teil vorstellt: Beide sind mit einer Wochenarbeitszeit von 28 bis 32 Stunden angestellt, so eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW). Dabei wünschen sich nach Angaben des Demoskopischen Instituts in Allensbach (DKI) fast die Hälfte aller Paare eine ausgeglichene Arbeitsteilung in Haushalt und Beruf.
Die ist aber unter den derzeitigen Bedingungen nicht möglich: Vor der Geburt des ersten Kindes arbeiten über 70% der Männer und Frauen in Vollzeit. Danach sind es nur noch 15%. 16% der Mütter arbeiten zwischen 24 und 35 Stunden, 17% hören ganz mit der Berufstätigkeit auf. Der größte Teil der jungen Mütter, 39%, arbeiten stundenweise oder höchstens auf einer halben Stelle. Die Väter arbeiten Vollzeit: Laut Statistischem Bundesamt sind es 80%, in 30% der Fälle ist der Mann Alleinverdiener. Nur bei einem Prozent der Paare ist der Vater teilzeitbeschäftigt, während die Mutter den ganzen Tag an der Arbeit ist. Bei 1,6% gehen beide einer Teilzeitarbeit nach.
Väter wollen etwas weniger arbeiten
Die Wünsche der Väter sind andere: 60% wollen, einer weiteren DKI-Studie zufolge, ihre Arbeitszeit reduzieren, am liebsten (53%) auf 36 bis 40 Stunden. Weitere 19% wollen ebenfalls weniger arbeiten, aber noch näher an der Vollzeitbeschäftigung.
Diesen Elternwünschen wollte die Bundesfamilienministerin mit der Einführung einer Familienarbeitszeit von 32 Wochenstunden entgegenkommen - und wurde abgeschmettert. Jetzt hat sie aufgrund der DIW-Studie ihr Modell flexibilisiert: Wenn beide Eltern zwischen 28 und 32 Stunden arbeiten, sollen sie Ersatzleistungen bekommen. Die Idee dahinter: Frauen sollen etwas mehr, Männer etwas weniger Zeit am Arbeitsplatz verbringen.
Kopfpauschale und Lohnersatzmodell
Das DIW hat dies in zwei Modellen simuliert: In der einen Variante wird der Verdienstausfall zwischen Vollzeit und "großer Teilzeit" zu 65% ausgeglichen. Die andere Variante geht von einer verdienstunabhängigen Kopfpauschale von 250 Euro aus. Alleinerziehende sollen das unabhängig von der Arbeitszeit ihres Ex-Partners/Partnerin in Anspruch nehmen dürfen.
Dabei rechnen die WissenschaftlerInnen nur mit einer geringen Inanspruchnahme: Sie gehen von 30.000 Paaren aus; damit würde der Anteil der gleichzeitig Teilzeitarbeitenden auf 3% steigen. Warum aber gehen sie nur von einer so geringen Akzeptanz einer Leistung aus, die doch anscheinend den Wünschen der Eltern entspricht? Das liegt an den Müttern. 70% wollen in den ersten Lebensjahren viel Zeit mit ihrem Kind verbringen, so die repräsentative Allensbach-Studie, für die über 3000 Paare befragt wurden. Diese Entscheidung tragen die Väter mit: 87% geben an, die künftige Arbeitsteilung im Konsens beschlossen zu haben. Dabei sind die jeweils passenden Werthaltungen sehr prägend: Bei den Paaren, in denen beide viel arbeiten, finden es gut 70% wichtig, dass beide Eltern eine gute berufliche Perspektive haben. Bei den klassischen Alleinverdiener-Familien steht für einen ebenso hohen Prozentsatz im Vordergrund, dass die Mutter in den ersten Jahren ihr Kind selbst betreut.
Überschaubare Kosten
Selbstverständlich kostet die Familienarbeitszeit Geld, und zwar den Steuerzahler. Das Modell Kopfpauschale bedeutet logischerweise weniger bürokratischen Aufwand, sowohl bei der Antragstellung als auch bei der Bearbeitung. 130 Millionen Euro würde das pro Jahr kosten, so das DIW, die Ausgleichsvariante würde mit bis zu 310 Millionen Euro jährlich zu Buche schlagen. Das sei "überschaubar", so Studienautor Kai-Uwe Müller. Da gleichzeitig die Beschäftigungsquote der Frauen um 0,4 Prozentpunkte steigen würde, die Männer ihre Arbeitszeit aber nicht in gleichem Maße verringerten, steige das Arbeitsvolumen insgesamt an, weshalb auch mit höheren Steuereinnahmen zu rechnen sei.
Wenn er sich da mal nicht täuscht. Als 2007 die Elternzeit als Lohnersatzmodell eingeführt wurde, hatte man auch nur mit einer geringen Beteiligung der Väter gerechnet. Nach noch nicht einmal zehn Jahren nehmen über ein Drittel diese Leistung in Anspruch. Das, liebe Väter, könnte doch auch bei der Familienarbeitszeit geschehen, oder?
Ralf Ruhl
Bisher wurden noch keine Kommentare abgegeben.