Sorgerecht für ledige Väter
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Seit 2013 können unverheiratete Väter auch ohne Zustimmung der Mutter die elterliche Sorge bekommen können, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.
Regelfall gemeinsames Sorgerecht
Dem Vater darf das gemeinsame Sorgerecht nur noch verwehrt werden, wenn dadurch das Wohl des Kindes absehbar beeinträchtigt wird. Das hat der Deutsche Bundestag Ende Januar beschlossen, gegen die Stimmen von SPD und Grünen sowie bei Enthaltung der Linkspartei.
Bisher konnte der unverheiratete Vater gegen den Willen der Mutter nicht das Sorgerecht erhalten. Der Grundsatz, dass die ledige Mutter bei der Geburt das alleinige Sorgerecht erhält, bleibt auch nach dieser Gesetzesvorlage erhalten. Allerdings kann der Vater beim Familiengericht die Mitsorge beantragen. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl am besten dient.
Frist von sechs Wochen
Können sich die Eltern nicht auf eine gemeinsame Sorge einigen und hat der Vater das gemeinsame Sorgerecht beantragt, so hat die Mutter sechs Wochen Zeit um darzustellen, warum das Kind dadurch Schaden nehmen würde. Der Wunsch der Mutter oder die bequemere Möglichkeit, das Kind ohne Einfluss des Vaters zu erziehen, reichen nicht aus. Diese "negative Kindeswohlprüfung" ist eine Umkehr der bisherigen Praxis, die dem Vater aufbürdete darzulegen, warum sein Sorgerecht dem Wohl des Kindes dient.
Vereinfachtes Verfahren
Normalerweise soll das Familiengericht im vereinfachten und beschleunigten Verfahren entscheiden. Das Jugendamt muss nicht mehr Stellung nehmen, auch müssen nicht mehr beide Eltern vor Gericht angehört werden, wenn die Mutter dem gemeinsamen Sorgerecht zustimmt oder schweigt.
Diese Regelung gilt auch für Altfälle, die oft jahrelang die Gerichte beschäftigten.
Ralf Ruhl
Kommentar:
Der § 1626a Absatz 1 Nr 1 BGB sei verfassungswidrig, hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 2010 geurteilt. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte eine Neuregelung verlangt. Die Praxis, dass Eltern heiraten müssen oder eine gemeinsame Erklärung zur Regelung der Sorge für das Kind abgeben müssen, sei nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar. So weit hatten sich Väter jahrzehntelang durch alle Instanzen kämpfen müssen bis ihnen endlich das auch juristisch gewährt wurde, was jedefrau als das Normalste von der Welt betrachtet: Sich um ihr Kind kümmern zu dürfen, ohne jemand anderen dafür um Erlaubnis bitten zu müssen. Selbstverständlich geht auch die Sechs-Wochen-Regelung nicht weit genug. Innerhalb dieser Zeit kann eine kooperations-unwillige Mutter Fakten schaffen wie Namensgebung oder Taufe und sogar in eine weit entfernte Stadt ziehen, damit der Vater sich ja nicht alltäglich in die mütterliche Erziehung einmischen kann. Dass auch diese Regelung dem Menschenrechtsgedanken widerspricht, scheint offensichtlich. Weitere jahrelange Gerichtsverfahren und weitere Verurteilungen der Bundesrepublik wegen an Vätern begangenen Menschenrechtsverletzungen sind wahrscheinlich. Das ist absehbar, und das ist grausam - für die Väter und für die Kinder. Und es ist ein Armutszeugnis für die Familienpolitik: Den längst vorhandenen gesellschaftlichen Wandel, die längst vorhandene allgemeine Übernahme von Verantwortung für die Kinder durch die Väter, will sie weiterhin erst dann ernst nehmen, wenn sie dazu von den höchsten Gerichten gezwungen wird.
Ralf Ruhl
Ralf Ruhl