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Trennung: Die Verzweiflung der Väter


Trennung - Die Verzweiflung der VäterBild: © gstockstudio - Fotolia.de

Die Folgen einer Trennung begleiten die betroffenen Kinder oft ein Leben lang. Sie zwischen den Elternteilen entscheiden zu lassen ist schwerer Kindesmissbrauch, sagt die Journalistin Andrea Micus. Und der Schmerz der Väter braucht endlich auch eine Stimme!

Väter fordern Kinder heraus


Was bringt Sie als Frau dazu, sich für die Rechte der Väter an ihren Kindern einzusetzen?

Meine Überzeugung, dass Kinder Mutter und Vater brauchen und sie dann optimal aufwachsen, wenn Sie von beiden Elternteilen unterstützt, begleitet und erzogen werden. Männer und Frauen sind unterschiedlich und deshalb können Väter ihren Kindern auch andere Dinge mit ins Leben geben als Mütter. Männer sind meist wagemutiger, fordern und fördern Kinder anders, machen sie mutig und selbstbewusst.

Und die Väter?

Zu dem Thema "Vaterlose Kinder” bin ich durch mein Buch "Starke Väter, starke Kinder” gekommen. Bei einer Lesung in einer Vätergruppe des VafK ist für mich das Leid der Männer sichtbar geworden, die nach Trennungen ihre Kinder nicht mehr sehen können. Diese gewaltige Emotionalität hat mich tief berührt und nicht mehr losgelassen. Ich wusste schon beim Hinausgehen: für diese Väter werde ich ein Buch schreiben! Sie müssen eine Stimme bekommen! Denn auch das ist mir aufgefallen: Männer leiden stumm. Sie fressen ihre Verzweiflung in sich hinein, so tief, dass sie im Job und im Leben scheitern. Dazu kamen damals Bilder. Ich hatte kurz vorher gesehen, wie ein Vater draußen an einer verschlossenen gläsernen Kindergartentür stand und innen ein kleines weinendes Mädchen aufgelöst an die Scheibe trommelte und Papa schluchzte. Ich dachte: So etwas darf es in unserer Gesellschaft nicht geben und wir sind alle gefordert, uns dafür einzusetzen.

Dazu kommt meine doppelte persönliche Betroffenheit. Mein Vater starb, als ich zehn Jahre alt war. Ich hätte ihn gern länger bei mir gehabt. Und ich kenne die Schwierigkeiten der Trennungskinder aus meiner eigenen Familie.

Die Angst, die Kinder zu verlieren


Was treibt Paare in die Falle der kämpferischen Auseinandersetzungen?

Trennungen tun weh, zumal nie beide auf der gleichen Emotionsebene sind. In der Regel geht die Trennung von einem aus, der andere fügt sich, fühlt sich aber mehr oder weniger ausrangiert. Es geht dann um zerbrochene Träume, verlorene "Heile-Welt”-Ideale, um Enttäuschungen, verletztes Vertrauen, Eifersucht und Zukunftsängste und - ein ganz wichtiger Punkt - um die Finanzen. Die Erwachsenen schwimmen in einem emotionalen Sud, der ihre Psyche kräftig durcheinander rüttelt. Und dann rät man ihnen, sich auf die "Paarebene” zu konzentrieren und die Kinder außen vor zu lassen. Aber wie soll das gehen? Man steckt in einer tiefen Lebenskrise und soll seine eigenen Befindlichkeiten komplett zurückstellen? Das gelingt nur selten. Meist kommt es rasend schnell zu ungewollten Verstrickungen und die Kinder werden - häufig unbewusst - als Druckmittel missbraucht. Aber es tut der verlassenen Ex-Frau eben verdammt weh, wenn ihr Ex-Mann mit seiner neuen, jüngeren Partnerin vor der Tür steht und seine Kinder abholen will. Was macht sie? Sie knallt die Tür zu und denkt sich Blockade-Geschichten aus. Dabei weiß sie, dass sie sich nicht richtig verhält. Aber sie will doch nicht auch noch die Kinder verlieren... Ein Beispiel für eine Konfliktsituation, wie sie in Trennungen zigmal entsteht. Das heißt: Eltern brauchen Hilfe, solche Trennungssituationen zu meistern und ihre Gefühle zu kanalisieren. Am besten von Freunden und der Familie, aber auch von sozialen Einrichtungen.

Welche Auswirkungen hat dieser Kampf ums Kind auf die Kinder?

Kinder lieben beide Elternteile. Wenn es zu einer Trennung kommt, hat es häufig schon viele Auseinandersetzungen gegeben, die die Kinder mitbekommen haben. Das heißt: sie leiden sowieso schon. Mit der Trennung verändert sich dann noch der Kontakt zu einem Elternteil, meist dem Vater. Das schafft neues Leid. Wenn sie dann noch in offen ausgeführte Auseinandersetzungen um Haus, Geld und Besuchszeiten hineingezogen werden, überschreiten sie zwangsläufig ihre psychischen Grenzen. Besonders brutal: man zwingt sie, sich zu entscheiden. Das ist schwerer Kindes-Missbrauch.

Viele Kinder gehen in Trennungen den für sie am besten zu ertragenden Weg und verbünden sich mit dem Elternteil bei dem sie leben, meist ist es die Mutter, um so aus der Schusslinie zu kommen. Damit geraten die Väter ins Abseits. Die Folgen für die Kinder sind lebenslang.

Schnellere Gerichtsverfahren sind nötig


Wie lässt sich ein solcher Kampf vermeiden?

Ganz klar, entscheidend sind die Eltern. Sie haben die Verantwortung, ihre Trennung so zu meistern, dass die Kinder weiterhin mit beiden Elternteilen leben können. Das muss den Eltern auch von außen klar gemacht werden. Dazu müssen sich auch Freunde, Großeltern, Geschwister einbringen. Man muss sich üble Nachrede und Hasstiraden auf den Ex-Partner nicht anhören, sondern kann mäßigend und korrigierend einwirken. Alle können sich bemühen, den getrennten Vater weiterhin mit einzubeziehen. Großeltern können klar betonen, dass sie den Kindsvater dabei haben möchten, wenn die Familie feiert. Und man kann Müttern, die tönen, dass die Väter jetzt nicht mehr gewünscht sind, auch klar sagen, was man davon hält, nämlich, dass sie sich verantwortungslos und schäbig verhalten.

Ich betone: die Gesellschaft kann hier einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Trennungen kinderfreundlicher sind. Übrigens gilt das auch ganz besonders für die neuen Partner. Sie haben eine wichtige Stimme.

Was muss sich politisch und juristisch ändern, um Kindern ihr Recht auf ihren Vater auch praktisch zu ermöglichen?

Die Gesetze sind da. Aber sie sind nicht einfach umsetzbar. Es ist nicht hilfreich bei Umgangsblockaden ein Kind mit Polizeigewalt von der Mutter zu reißen und dem Vater zu übergeben. Es braucht sensiblere Maßnahmen, wie zum Beispiel angeordnete Mediation und Beratung. Die könnte übrigens Pflicht bei einer Trennung sein. Eltern ‚müssen’ sich Gedanken machen, wie es mit den Kinder weitergeht und am besten schriftlich fixieren, wie sie sich diesbezüglich künftig verhalten wollen. Wer solche Termine "schwänzt”, muss eine empfindliche Strafe bekommen. Den Eltern muss immer wieder klar gemacht werden, dass sie verantwortlich sind und nach Lösungswegen suchen müssen.

Hilfreich ist es auch, finanzielle Auseinandersetzungen getrennt zu verhandeln, Richter brauchen mehr Schulungen und Jugendämter mehr Mitarbeiter. Ein wichtiger Faktor ist die Zeit. Wenn sich Verfahren über Monate hinziehen, haben sich Lebensmuster gefestigt und die Väter rutschen immer mehr ins Abseits. Oft lebenslang. Ganz klar: Wir brauchen schnellere Verfahren.

Die Fragen stellte Ralf Ruhl

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