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Väter als Trainer


Bild: Richter

Foto: Links Thomas Kopietz, rechts Thorsten Richter, Kinder- und Jugendtrainer des RSV Göttingen 05

Väter kicken gerne, ihre Kinder auch. Was liegt da näher, als sich im Jugendfußball zu engagieren? Doch zum Trainer-Sein gehört weit mehr als der Spaß am runden Leder. Ein Gespräch mit Thomas Kopietz und Thorsten Richter, Jugendtrainer beim RSV Göttingen 05.

Spielbericht und Erste-Hilfe-Koffer

väterzeit: Wie seid ihr dazu gekommen, beim RSV Göttingen 05 eine Kindermannschaft zu trainieren?

Kopietz: Mein Sohn hatte Spaß am Fußball. Seine Freunde aus Krabbelgruppe und Kindergarten gingen zum RSV, deshalb habe ich ihn dort angemeldet. Außerdem hatte ich gute Kontakte zum Jugendkoordinator des Vereins. Der hat mich gefragt, ob ich nach der G-Jugend die Mannschaft übernehmen möchte.

Richter: Mein Sohn kam aus einer anderen Mannschaft, war da aber unterfordert. Die Gruppen hatten schon zusammen trainiert, da lag der Wechsel nahe. Mit Thomas verstand ich mich gut, wir hatten ähnliche Ansichten über das Training und so bin ich eingestiegen.

väterzeit: Wieviel Zeit müsst ihr in die Trainerarbeit investieren?

Richter: Verantwortliche Jugendarbeit kann keiner allein schaffen. Da sind die Trainingsstunden, die Vorbereitung, die Spiele - in der Regel eins pro Woche. Dann die Organisation der Turniere, die Einladung der Mannschaften, die Terminkoordination - insbesondere bei Spielverlegungen - und der Kontakt zu den Eltern. Da kommt schon einiges zusammen. Heute morgen habe ich mich eine Stunde lang darum gekümmert, dass die Spielberichtsbögen ausgefüllt sind, dass die Bälle aufgepumpt sind, dass der Erste-Hilfe-Koffer vollständig ist.

Kopietz: Mit Anreise zu Trainings und Spielen, Aufwärmen und all dem - es ist mehr, als man denkt. Gerade auch der Kontakt zu den Eltern und Kindern, wenn einer Probleme hat, verletzt oder krank ist, ist zeitintensiv. Ich schätze, wir kommen auf mindestens zehn Stunden pro Woche. Unseren Kalender machen wir ein gutes halbes Jahr im Voraus, damit alle Termine koordiniert werden können. Und ganz nebenbei haben wir ja auch noch zeitaufwendige Jobs und unsere Familien.

väterzeit: Sie haben ja auch eine Verantwortung den Eltern gegenüber...

Richter: Da wir zu zweit sind, muss kaum ein Training ausfallen. Das ist wichtig, denn es bleiben ja nicht alle Eltern beim Training da und man kann ja die Kinder nicht eineinhalb Stunden lang herumstehen lassen. In den letzten Tagen zum Beispiel hat es stark geregnet, alle Plätze waren gesperrt, das hatte ich nicht mitbekommen. Wir haben uns einen Rasen gesucht und auf einem kleinen Teilstück trainiert. Das hat den Kindern Spaß gemacht, für mich war es eher ungemütlich. Aber die Eltern wissen, ihre Kinder sind gut aufgehoben.

Fachwissen und Einfühlungsvermögen


väterzeit: Was muss ein Vater, der eine Kinder- und Jugendmannschaft trainieren will, mitbringen?

Kopietz: Ein Trainerschein muss nicht sein, Fachwissen ist notwendig. Fortbildung ist auf alle Fälle sinnvoll, denn bei der Vorbereitung auf die Lizenz werden wichtige Elemente angesprochen, wie Belastungsdosierung und unterschiedliche Trainingsformen. Da geht es schon um ganz selbstverständliche, einfache Grundlagen: Im Winter darf man die Kinder nicht lange herumstehen lassen, wenn es heiß ist, sind lange Sprinteinheiten unangebracht. Und das Training muss kindgerecht sein, vor allem in der G- und F-Jugend brauchen sie viel Spielmöglichkeiten und Gelegenheit, sich zu messen. Danach wird es fußballspezifischer. Bei uns findet das Training fast nur mit dem Ball statt. Eine halbe Stunde im Kreis herumrennen ohne Ball macht den Kindern einfach keinen Spaß. Was noch dazugehört ist Lebenserfahrung. Als Vater weiß man eben, wann und wie man Kinder motivieren kann und wie man das soziale Miteinander fördert. Richter: Man braucht auch ein gutes Einfühlungsvermögen. Die Kinder haben eine immense schulische Belastung. Wenn wir am Montag ein Spiel haben, merken wir genau, wie erschöpft sie sind vom langen Schultag, auch teilweise demotiviert. Darauf muss man eingehen können.
väterzeit: Die Kinder sind bei eurem Training mit viel Spaß über lange Zeit engagiert und konzentriert dabei. Wie schafft man das?

Richter: Wir motivieren stark. Zum Beispiel methodisch: Die Kinder müssen viel mit dem Ball arbeiten. Dazu teilen wir die Gruppe auf, damit jeder oft schießen kann und ein Erfolgserlebnis hat. Außerdem machen wir nicht immer das gleiche. Natürlich wiederholen sich Übungen...

Kopietz: ...Passwege, Torschuss, das Warmlaufen, Stoppen...

Richter: ...das muss sich einschleifen und das bringen wir den Kindern bei. Die Kinder nehmen das sehr positiv auf.

Kopietz: Sie sind charakterlich sehr unterschiedlich und manchmal ist eine deutliche Ansage nötig. Schließlich muss es ruhig sein, wenn wir die Trainingseinheit erklären. Das ist manchmal nicht leicht. Im November hatten die Kinder viel Druck wegen der Qualifikation für die weiterführende Schule. Außerdem ist es in der Halle immer lauter als auf dem Feld, die Ablenkung ist dadurch stärker. In der Zeit hatten sie Probleme, sich hinzusetzen und zuzuhören. Da muss man als Trainer flexibel sein und darauf eingehen, gegebenenfalls auch das Programm umstellen. Wir haben darauf einmal mit einer Sprintstaffel reagiert, da wollten sich die Kinder messen und gewinnen, schon waren sie wieder bei der Sache. Auf dem Feld haben wir auch schon Fußballgolf gespielt oder in der Halle Fallrückzieher geübt, haben auch mal Speerwerfen gemacht. Es muss einfach Platz für den Spaß sein, auch wenn es vom Trainingsaufbau her nicht folgerichtig erscheint.

Das Spiel lesen lernen


väterzeit: Wie bezieht ihr die Kinder ein?

Richter: Wir reden viel mit ihnen, wir lassen sie aber auch reden. Wir fragen, "was ist in dieser Situation oder in diesem Spiel falsch gelaufen?" Wir brüllen nicht von außen rein, sondern lassen sie selbst analysieren. Sie können schon gut das Spiel lesen.

Kopietz: Es ist überraschend, wie gut sie sich und andere einschätzen können. Das ist bei manchen Mannschaften im C-Jugendbereich noch nicht so. Sie machen sich auch gegenseitig keine Vorwürfe. Sie sagen, "da hat einer nicht aufgepasst, dann ist aber der andere gekommen und hat das ausgebügelt." Sie üben selbst positive Kritik, darüber freue ich mich sehr.
väterzeit: Die Kinder lernen ja auch selbständig...

Richter: Unbedingt. Unser Torwart war auf der Linie schon richtig gut, als er zu uns kam. Aber jetzt fordert er seine Vorderleute, zeigt ihnen zum Beispiel bei einer Ecke, wer nicht gedeckt ist. Er hat ja von hinten als Torwart eine ganz andere Sicht aufs das Spielgeschehen. Er fordert auch von uns Trainern, dass wir ihn richtig aufwärmen. Das hat er vor einem Jahr noch nicht gemacht, da stand er herum und wartete ab, was passiert.

Kopietz: Er hätte sich nicht so entwickelt, wenn der Vater neben dem Pfosten stände und hereinrufen würde, "jetzt rauslaufen, der da ist nicht gedeckt" und so weiter. Dann würde das nicht von ihm aus kommen. Wenn die Eltern zu stark eingreifen, kann das die Kinder auch in Konflikte stürzen zwischen dem, was sie selber wollen und dem, was der Vater erwartet.

Emotionen und die Getränkeflasche


väterzeit: Was erwartet ihr von den Eltern?

Richter: Wir haben nur zweimal eineinhalb Stunden Training, im Winter nur einmal. Da erwarten wir, dass das als Kernzeit akzeptiert wird, dass die Kinder rechtzeitig da sind, also eine Viertelstunde früher und sich schon umgezogen haben, damit wir gleich mit dem Training beginnen können. Solche Kleinigkeiten helfen sehr. Das Training ist ja aufgeteilt in Aufwärmen, Technikeinheiten, Spiel - und da fehlt eben etwas, wenn erst noch die Schuhe angezogen werden. Mit den Schleifen dauert es in diesem Alter ja noch etwas länger. Auch das Waschen der Trikots nach den Spielen muss klappen ohne Aufrechnungen, wer mal mehr getan hat. Und natürlich die Fahrten zu den Spielen, dass man sich aushilft, wenn einmal ein Elternpaar nicht fahren kann.
Kopitz: Und die Getränkeflasche! Das ist gerade im Sommer sehr wichtig. Darauf müssen die Eltern achten. Die Kinder sind noch oft zu huschig, stecken schnell die Schuhe in die Tasche und das wars. Auch die positive Unterstützung der Eltern ist wichtig. Dass sie am Rand stehen, ihre Emotionen zeigen - aber unterstützend, nicht laut kritisierend. Die Kinder müssen ja auch mal getröstet werden, wenn sie enttäuscht sind, weil das Spiel verloren ging oder weil sie nicht aufgestellt wurden. Das können die Trainer nicht alles leisten, die müssen sich aufs Spiel konzentrieren.

Richter: Beim Spiel leisten die Eltern auch Hilfe bei kleinen Verletzungen, legen den Eisbeutel auf und haben das Pflaster zur Hand. Eltern sollten aber nicht mit Trainer sein wollen, das verunsichert die Kinder nur.

väterzeit: Die Gretchenfrage: Wie geht ihr mit Kritik um?

Kopietz: Wenn es Probleme mit dem Trainer gibt, erwarte ich, dass die offen angesprochen werden. Es gibt ja tatsächliche Benachteiligungen, man muss sich trauen, das anzusprechen. Dafür ist es auch gut, dass wir zu zweit sind. Und manchmal ist unsere Art der Kritik vielleicht nicht gut für das Kind. Manche Kinder kapseln sich bei einem lauten Wort ein, andere werden dadurch motiviert. Da brauchen wir die Rückmeldung der Eltern. Die Kinder selbst tun sich schwer mit Kritik an den Trainern, die sind für sie Respektspersonen. Daher ist es auch für die Kinder gut, dass sie zwei Ansprechpartner haben.

Die Fragen stellte Ralf Ruhl

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