väterzeit.de - Vater sein, Mann bleiben

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Ich bin Deine Welt - Erfahrungen aus zwei Jahren Teilzeitvater


Ein Teilzeitvater berichtetBild: Stefan Redel - Fotolia.com

6:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Schnell schalte ich ihn ab. Schließlich darf unsere im Ehebett zwischen uns liegende 11-monatige Tochter Tanja nicht wach werden. Meine Frau steht leise auf und verschwindet zur Arbeit. Unsere Tochter schläft. Gut. Wenn ich viel Glück habe, schläft sie noch bis 8:00 Uhr. Ich döse noch etwas vor mich hin. Aber zur Ruhe komme ich nicht. Wie wird es Tanja aufnehmen, wenn sie aufwacht und ihre geliebte Mama ist nicht da? Wird sie in panikartiges Geschrei ausbrechen oder einfach akzeptieren, dass ihr Papa die nächsten Stunden für sie da ist? Oh je, worauf habe ich mich da eingelassen?


Und wir freuten uns. Ja, wir freuten uns. Sicher, man wird am Anfang mit etwa 3 Trilliarden Informationsbroschüren überschüttet, die man alle unbedingt von vorne bis hinten und oben bis unten lesen muss. Man verinnerlicht die etwa 3.000 Regeln und Vorsichtsmaßnahmen, die Schwangere, Mütter und sonstige Angehörige zu beachten haben. Die Entscheidung, welchen Kinderwagen wir wählen sollten, war wesentlich schwieriger als der für unser letztes Auto. Und das gerade im Bau befindliche Haus musste schnellstmöglich auf kinderfreundlich umgeplant werden.

Schwangerschaft und Geburt



Und wir hatten Glück. Die Schwangerschaft meiner Frau verlief absolut vorbildlich. Schnell noch einen Geburtsvorbereitungs- und einen Babyversorgungs-kurs absolviert.

2 Tage vor der Geburt waren wir chinesisch essen. Im Glückskeks für mich die Botschaft: "Eine zauberhafte Begegnung erwartet sie". Schauen wir mal.
Dann die Geburt. Nicht unbedingt das schönste Erlebnis meines Lebens. Wer miterleben muss, welche Schmerzen eine Frau bei der Geburt auszuhalten hat, und man als Mann bei allen Versuchen zu helfen, letztlich doch hilflos daneben sitzt, weiß was ich meine. Als unsere Tochter zur Welt kam, habe ich geweint. Nicht aus Freude, sondern aus Übermüdung und Erleichterung, dass es nun endlich vorbei war.
Boah, das ist nun unsere Tochter? Kaum zu glauben. Schau mal, die Beinchen und Ärmchen. Wie rum hält man sie nun? Wo kommt die Windel hin? Und warum schreit sie denn auf einmal? Und vor allem: warum hört sie denn nicht auf zu schreien, obwohl wir sie doch hoch nehmen und wiegen und trinken lassen und wickeln und und und?

Die erste schwierige Zeit und das erste Lachen



Die Monate vergehen. Man gewöhnt sich dran, ein Kind zu haben. Die erste Zeit ist hart, insbesondere der permanente Schlafentzug fordern ihren physischen und psychischen Tribut. Und dann noch diese gnadenlosen abendlichen Schreiattacken der ersten Monate, bei denen wir uns im 20-Minuten-Takt ablösen, um es zu überstehen. Aber dann - Schritt für Schritt - wird es leichter. Das schreiende Bündel verwandelt sich langsam aber sicher in einen liebenswerten kleinen Menschen. Der mit großen Augen die Welt erkundet. Und wie von Sinnen lacht, wenn ich mir eine leere Plastikflasche mit lautem "Dong" über den Kopf haue. Und Wunder über Wunder: die erste durchgeschlafene Nacht. Also 6 Stunden ununterbrochenen Schlaf. Ach, das Leben ist doch schön.

Ein Kind wollten wir eigentlich nicht!



Fangen wir mal von vorne an. Wir - meine Frau und ich - hatten die ersten Ehejahre unser Leben genossen. Gut bezahlte Jobs im öffentlichen Dienst, Auto, große Wohnung und mit 2 Gehältern ließen sich Nah- und Fernreisen - unser großes Hobby - gut finanzieren. Kinder? Wir? Um Gottes Willen! Die schreien eh nur den ganzen Tag, machen Windeln voll und erzählen einem spätestens in der Pubertät, dass sie uns hassen und wir nie, nie, nie irgendetwas für sie getan hätten.

Oder vielleicht doch ein Kind?!



Aber wie das Leben so spielt. Als wir uns mit Mitte 30 eingestanden, dass wir es uns vielleicht doch überlegen könnten, ein Kind zu bekommen (Betonung natürlich: EIN Kind), war es auch schon passiert. Treffer - versenkt. Und das, nachdem die Frauenärztin meiner Frau versichert hatte, es sei sehr unwahrscheinlich, dass sie jemals Kinder bekommen würde.

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