So wirst Du Tagesvater
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Betreuungsplätze für Kinder sind trotz Rechtsanspruchs rar. Daher bietet sich eine Tagesmutter oder ein Tagesvater als Alternative an – und das wohl sicher noch über viele Jahre. Wir zeigen, welche Voraussetzungen für die Tagesbetreuung zu erfüllen sind.
Lizenz zum Kuscheln und Wickeln
Eltern brauchen keine Erlaubnis zum Kinderkriegen. Und auch nicht, um mit ihnen zu spielen, zu kuscheln, zu singen, ihnen die Windeln zu wechseln und sie zu füttern. Wäre ja auch noch schöner. Wer aber fremde Kinder betreuen will, muss verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Grundsätzlich geregelt ist das im § 43 „Erlaubnis zur Kindertagespflege“ im Sozialgesetzbuch VIII.
Demnach müssen die Tagesväter in spe qualifiziert sein und über Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit den Eltern verfügen. Eigentlich logisch. Wer keine Ahnung von Kindern hat, sollte das Erziehungsgeschäft sein lassen. Schließlich kauft man ja auch keinen Fernseher beim Bäcker. Und mit den Eltern kooperieren ist selbstverständlich. Wie sollte man denn sonst Kontakt zu den Kindern bekommen?
Aber gerade dieser Punkt ist sehr wichtig: Man muss sich einfach klar machen, dass die Eltern einer Person, die sie nicht kennen, ihr Liebstes anvertrauen – ihr Kind. Daher ist eine Vertrauensbasis absolut notwendig! So wie Wissen über Kommunikation. Schließlich wollen die Eltern sicher sein, dass ihr Kind in guten Händen ist. Und über die Entwicklungsschritte, die es macht, wenn sie nicht dabei sind, wollen sie gut informiert werden.
Qualifikation für Tageseltern
Deshalb schreibt das Gesetz vor, dass die Tagesväter und -mütter über „vertiefte Kenntnisse“ hinsichtlich der Kindertagespflege verfügen müssen. Hat jemand eine pädagogische Ausbildung, so ist eine Grundsatzqualifizierung nicht mehr nötig. Ansonsten muss in den meisten Jugendamtsbezirken ein entsprechender Lehrgang absolviert werden, der in der Regel 160 Stunden umfasst. Mancherorts, wie in Hamburg, sind allerdings auch 300 Stunden in einem aufeinander aufbauenden modularen System Voraussetzung. Regelmäßige Weiterbildungen sind meist ebenfalls nachzuweisen.
Anbieter sind entweder die Jugendämter selbst oder Bildungsinstitute, die in deren Auftrag handeln. Das können Volkshochschulen sein, Familienbildungsstätten, Tagespflegevereine o.ä. Die Teilnahme an diesen Kursen wird staatlich gefördert, die Bedingungen sind jedoch in den Bundesländern unterschiedlich. Ein Eigenanteil ist in fast immer zu zahlen.
Inhalte der Kurse sind vor allem:
- Rechtliche und finanzielle Grundlagen
- Anforderungen und Erwartungen an Tagesväter
- Berufsbild Tagesvater
- Erziehungspartnerschaft mit den Eltern
- Frühkindliche Bildung
- Vernetzung und Kooperationen, z.B. mit dem Jugendamt
- Weitere Angebote im häuslichen Umfeld, wie „Frühe Hilfen“ etc.
Handtuchhalter und Erste Hilfe
Selbstverständlich braucht ihr, wie jeder, der mit Minderjährigen arbeitet, ein polizeiliches Führungszeugnis. Und ihr müsst an einem speziellen Erste-Hilfe-Kurs teilgenommen haben.
Über die Bedingungen für die notwendige Unfall- und Haftpflichtversicherung erkundigt ihr euch am besten vor Ort. Ansprechpartner können das Jugendamt oder die Ausrichter der Qualifizierungskurse oder andere Tagesväter vermitteln.
Die Pflegeerlaubnis wird beim örtlichen Jugendamt beantragt. Laut Gesetz dürfen bis zu fünf Kinder gleichzeitig betreut werden. Näheres regeln Landesgesetze. Die Erlaubnis ist dann üblicherweise fünf Jahre lang gültig.
Jetzt wollt ihr endlich loslegen. Aber nix da. Schließlich muss der Raum groß genug und baulich geeignet sein. Die Mitmieter oder -eigentümer müssen zugestimmt haben, dass Kinder von Berufs wegen im Haus herumtollen. Hygienevorschriften müssen beachtet werden, die Toiletten entsprechend gebaut und die korrekten Abstände der Handtuchhalter eingehalten sein. Welche Voraussetzungen genau zu erfüllen sind erfahrt ihr beim Jugendamt.
Ach ja, noch was. Schließlich sollen die Kinder nicht in eine leere Wohnung kommen. Stühle in geeigneter Höhe, entsprechende Tische, Schränke, Garderobe, und nicht zuletzt Spielzeug müssen angeschafft werden. In der Regel auf Kosten des Tagesvaters in spe. Allerdings geben manche Kommunen oder Länder Zuschüsse oder Beihilfen für die Erstanschaffung.
Die meisten schaffen das nicht, ohne einen Kredit in Anspruch zu nehmen. Der will natürlich zurückgezahlt werden. Und das bei einem Verdienst von zur Zeit 2,50 Euro bis 7,50 Euro pro Stunde und Kind. Nicht wirklich viel, wenn man die notwendigen Anschaffungen und Baumaßnahmen berücksichtig. Und die Miete will schließlich auch bezahlt werden, egal ob ein Platz beim Tagesvater frei ist oder alle besetzt sind.
Liebe zu den Kindern und Interesse an Pädagogik reichen offensichtlich nicht aus, um fremde Kinder ab einem Jahr betreuen zu dürfen. Ein Tagesvater hat einen echten kleinen Betrieb ins Laufen zu bringen und zu erhalten. Hoffentlich gehen die Liebe zu den Kindern und das Interesse an der Pädagogik dabei nicht verloren.
Ralf Ruhl