Männer in Kitas - wirklich erwünscht?
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Nur wenige Männer arbeiten in Kindergärten. Das liegt aber nicht nur an der Bezahlung dem Renommee des Arbeitsplatzes. Gerade die Kolleginnen wollen oft keinen Mann im Team, sagt Gender-Fachfrau Melitta Walter.
Ein Mann für die Problemkids
Frau Walter, warum beschäftigen Sie sich mit Männern in Kitas?
Lange Jahre glänzten Männer vor allem mit Abwesenheit in den Kindertageseinrichtungen. 2001 habe ich in München einen Arbeitskreis gegründet "Männer in der Pädagogik". Dort habe ich viel gelernt über den Spagat, den Männer in diesen Berufsfeldern leisten müssen - die Erzieher, aber auch die Väter. Ich will fair bleiben in den Geschlechterfragen und meine Professionalität auch den Männern zur Verfügung stellen.
Politisch sind Männer in den Kindergärten erwünscht. Wie reagieren die Kolleginnen vor Ort?
Sehr unterschiedlich. Das beginnt schon in den Ausbildungsstätten. In den Fachakademien gibt es nur wenige junge Männer. Und die bekommen oft zu hören, ihre Zeugnisse seien nicht gut genug, um dort zu studieren. Solche Äußerungen bringen mich wirklich dazu, über eine Männerquote nachzudenken! Viele weibliche Teams in den Kindergärten wollen keine männlichen Kollegen. Sie sagen ganz offen, "wir haben zu Hause den Stress mit unseren Partnern, das brauchen wir im Job nicht auch noch". Vor allem junge Kolleginnen sagen, "ach hätten wir doch einen Mann, vor allem für die Jungen!" Aber sie wollen nicht als gemischt-geschlechtliches Team arbeiten, das wäre ja professionell. Sondern sie wollen ihre Arbeit erleichtert bekommen, indem ihnen ein Mann die problematischen Jungs abnimmt.
Gnadenlose Kuschelzonen
Warum wollen Frauen unbedingt diesen Schonraum aufrechterhalten?
Die Ebenen werden sich verschieben, wenn Männer mitmischen. Männer haben oft andere Vorstellungen von Einrichtungen, zum Beispiel von der Innenarchitektur. Diese Bastelecken und Kuschelzonen sind doch gnadenlos! Männer wollen mehr Lebendigkeit, mehr Abenteuer. Das irritiert weibliche Teams, die sich eingerichtet haben in ihrem undifferenzierten Stil. Die wollen gern weiterarbeiten wie gehabt.
Liegt das daran, dass Frauen untereinander sich besser verstehen?
Sie verstehen sich ja nicht wirklich besser. Sie haben andere Strategien, tragen Dinge auf anderen Ebenen aus. Wenn ein Mann im Team die Dinge deutlich anspricht, müssen Frauen darauf antworten. Dann verschieben sich die Machtverhältnisse in den Frauenteams. Das bringt Unruhe.
Ist das Vätern gegenüber genauso?
Die Lebensrealität von Müttern und Vätern ist heute viel weiter entwickelt, als es in den Tageseinrichtungen wahrgenommen wird. Wir haben gut ausgebildete junge Mütter und Väter, Eltern, die sehr partnerschaftlich leben und sich den Alltag mit Kindern teilen. Väter werden in vielen Kindergärten nicht als gleichberechtigt Erziehende wahrgenommen. Sie werden belächelt, "ist ja niedlich, wie der morgens mit seinem Kind kommt". Sie werden auch nicht gleichwertig eingebunden, außer, sie übernehmen den Vorsitz vom Elternbeirat. Da ist er dann wieder gewünscht, der Mann als Macher.
Mehr männliches Engagement!
Warum scheuen Frauen sich so, Leitungspositionen einzunehmen?
Leitung hat etwas mit Macht zu tun, mit offener Macht. Ich definiere Macht als eine redliche Form, Kraft und Energie einzusetzen. Erzieherinnen haben aufgrund ihrer Ausbildung oft ein Bild von einem Leiter, der durchgreifen muss und sich unbeliebt macht. Sie wollen aber immer freundlich und nett sein. Das ist ein klares Eigentor, denn wer etwas verändern will, muss mächtig werden.
Wo wünschen Sie sich mehr Engagement von Männern im Kindergarten?
Ich wünsche mir mehr respektvolles Miteinander von Männern und Frauen. Die Spielregeln müssen allerdings erst einmal trainiert werden. Wie kommen beide Geschlechter zum Zuge, wenn es z.B. um die Weiterentwicklung der Kindergartenpädagogik geht?
Wie kann das gelingen?
Das geht nur über das Üben. Dem anderen Geschlecht zuhören, ohne gleich "ja, aber" zu sagen. Wir müssen unsere Klischees aus unseren Vorstellungen herausnehmen. Das ist eine grundsätzliche Aufgabe zwischen Frauen und Männern. Wir müssen lernen, offen und fair mit dem anderen Geschlecht umzugehen, egal, in welchem Beruf.
Die Fragen stellte Ralf Ruhl