Väter im Sondereinsatz
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Immer mehr Väter beteiligen sich rege und verantwortungsvoll am Kitaalltag. Besonders beliebt: Der handwerkliche Sondereinsatz. So stärken die Väter auch die Beziehung zu ihren Kindern.
Typisch männliche Arbeiten sind gefragt
Eine beispielhafte Szenerie aus einem der über 50.000 Kindergärten in Deutschland: Ein großes Fest steht vor der Tür, die logistischen Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und die interne Zettelwirtschaft an den Pinnwänden nimmt groteske Ausmaße an. Wer sorgt für den Grill? Wer bringt die Sitzbänke mit und wer baut sie auf? Dutzende Bittstellungen und Fragen richten sich nicht etwa an zufällig vorbeikommende Lieferfirmen mit ausgebildetem und teurem Personal, sondern unvermittelt an die Eltern und immer öfter direkt an die Väter. Was vor Jahren noch über den freien Arbeitsmarkt oder mit Hilfe von fleißigen Müttern geregelt wurde, wird seit einiger Zeit immer mehr den Vätern in die Verantwortung gelegt. Natürlich nicht unter Zwang, denn viele Väter bieten sich heutzutage von selbst an. Der "Sondereinsatz im Kindergarten" stellt für sie eine Art "Erziehungsemanzipation" dar.
Dieser Wandel wird von offizieller Seite weitgehend bestätigt - und gutgeheißen! "Väter sind zunehmend im Alltag der Kinder präsent. Sie sind immer öfter bei Elternabenden anwesend und lassen sich auch als Elternvertreter wählen," berichtet Margarete Templin von der AWO-Kita "Freie Scholle" in Berlin. "Da bei uns nur Frauen arbeiten, begrüßen wir es, wenn Väter mit den Kindern mal "typisch männliche" Dinge tun. Zum Beispiel technische Geräte basteln, Holzarbeiten, elektrische Experimente usw. - uns Frauen fehlt oft das Know-How, aber auch die Zeit und das Selbstverständliche im Umgang mit diesen Dingen."
Männer - eine wenig genutzte Ressource
Auch Willy Massel von der Berliner Kita "Villa-Flohkiste" sieht ein ansteigendes "Väterengagement", allerdings seien die Mütter immer noch eine Nasenlänge voraus. Allerdings beschränken sich in der "Flohkiste" die Möglichkeiten für Väter im Alltag auf personelle Unterstützung bei hohem Krankheitsstand. "Sondereinsätze" für Väter gibt es jedoch häufig: "Elternabende, Putztage, Elterncafes, verschiedene Feste im Jahreskreis sind einige Beispiele. Jede Aktion, die es den Eltern und vor allem den Vätern ermöglicht, einen Einblick in das Kitageschehen zu bekommen und sich über Hintergründe und Abläufe informieren zu können, halte ich für sinnvoll", sagt Willy Massel.
Nach Ansicht des Kitaleiters seien gerade Väter für die Kita ein immenser Ressourcenpool: "Klassische Beispiele sind der Feuerwehrmann, der die Kinder in die Wache einlädt oder ein Brandschutzprojekt in der Kita durchführt oder der Maler der mit Kindern eine Wand gestaltet." Auch er meint, dass die Beziehung zwischen Vätern und Kindern am ehesten innerhalb der "Bring- und Abhol-Situation" gestärkt wird. Wenn die Väter hier die nötige Ruhe ausstrahlen und dem Kind Interesse an seinem Alltag vermitteln können, bringe das weit mehr, als die Sondereinsätze.
Der Kindergarten ist keineswegs mehr ausschließlich in weiblicher Hand. Immer mehr Väter greifen aktiv ein - und rennen vielerorts offene Türen ein. Allerdings beschränkt sich der von den Mitarbeiterinnen der Kitas erwünschte Einsatz oft auf typisch männliche Arbeitsgebiete. In Bezug auf eine echte Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Vätern bleibt noch viel zu tun - zum Wohle der Beziehung zwischen Vater und Kind und der väterlichen Emanzipation.
Kai Butterweck
Sonderschicht für Reparaturen
Angebote der Kita zur "Väterintegration", wie beispielsweise Spielnachmittage für Väter und Kinder, werden hier gerne und zahlreich wahrgenommen. Auch unaufgeforderte Einsätze der Männer stoßen bei der Kitaleiterin und ihren Kolleginnen auf offene Ohren. So entstand vor kurzem aus dem Angebot eines Vaters, die Dachrinne der Kita zu reinigen, ein groß angelegter Freiwilligeneinsatz inklusive Rasen mähen, Regale anbringen, Wände streichen und vieles mehr. Das machte Vätern und Kindern viel Spaß und die nächste Aktion wird schon vorbereitet. Solche Aktivitäten stärken auch das Selbstbewusstsein der Kinder, ist sich Frau Templin sicher: "Sie sagen ganz stolz ‚das hat mein Papa gemacht und ich habe mitgeholfen!’"
Am deutlichsten stärkt die Beziehung zwischen Kindern und Vätern die tägliche Präsens beim Bringen und Abholen, meint die Kita-Leiterin. Das Interesse an dem, was das Kind den Tag über erlebt hat, welche Freunde es hat, was Spaß gemacht hat und was nicht, sei wichtiger, als der Vater für das "Besondere" zu sein. Margarete Templin ist überzeugt, dass die Schwellenangst vieler Väter dahingehend weiter abnähme, wenn mehr männliche Erzieher eingestellt werden würden.