Selbstwirksamkeit bei Kindern fördern – So unterstützen Väter die Persönlichkeitsentwicklung
Bild: Skolotype@fotolia.comSelber machen macht schlau! Wenn Väter die Selbstwirksamkeit ihrer Kinder stärken, lernen diese auch Verantwortung zu übernehmen. Wie das geht? Durch beobachten, sich selbst zurückhalten und unterstützen, wenn es nötig ist!
Wenn der Löffel herunter fällt
Dabei wirft Julian den Löffel nicht herunter, um Papa zu ärgern. Ob der ihn aufhebt, ist schließlich seine eigene Entscheidung. „Das Kind lernt: Ich halte den Löffel, lasse ihn los, er fällt herunter. Und es freut sich darüber! Es hat die Unterscheidung zwischen Festhalten und Loslassen gelernt und trainiert jetzt seine Steuerungsfähigkeit. Das ist eine wichtige Selbstwirksamkeitserfahrung“, sagt die systemische Familientherapeutin Brigitte Schellhorn.
Selbstwirksamkeit ist eine Überzeugung
Julian ist vom Laufen-Können noch viele Schritte entfernt. Aber er hat die ersten erfolgreichen Krabbelversuche längst hinter sich. Jetzt jagt er in Popo-Rutsch-Manier einem Stoffball hinterher. Der rollt aber immer wieder weg, wenn er ihn anstößt. Er stößt ein paar Laute aus. „Hast du dir wehgetan?“, fragt sein Papa. Aber dann merkt er, dass das Weinen seines Sohnes eher ärgerlich klingt. Deshalb nimmt er ihn nicht gleich hoch, um ihn zu trösten. „Du wolltest den Ball haben und der ist weggerollt. Das ärgert dich, nicht wahr?“ Dieser Zuspruch, diese Aufmerksamkeit genügen, damit Raul trotz des Greinens einen neuen Versuch unternimmt. Und diesmal gelingt es! Er hat das Info-Bändchen im Mund und lächelt seinen Papa an. „Ja, jetzt hat es geklappt!“, ist dessen Reaktion.
Beobachten und Gefühle ansprechen
„Alleine“ oder „selber“ sind Wörter, die Kinder vor allem in den ersten drei Lebensjahren sehr häufig benutzen. Weil sie etwas ganz allein schaffen wollen. „Für die Persönlichkeitsentwicklung ist das von herausragender Bedeutung“, sagt Drüner. Weshalb es auch wichtig ist, dass die Eltern diese Selbstständigkeitsversuche ernst nehmen und bestätigen. Kinder wollen die Welt allein erforschen, wollen die Erfolge selbst schaffen, ohne auch noch so gut gemeinte Hilfestellung.
Kinder können Bedürfnisse nicht aufschieben
Julians Schwester Lisa geht schon in den Kindergarten. Gerade morgens gibt das immer wieder Stress mit dem Anziehen. Lisa will selbst ihre Schuhe anziehen, kann es aber noch nicht. Ihren Vater hat es genervt, dass sie sich nicht helfen lassen wollte. Bis er gemerkt hat, dass sie, wenn er das Schuhe-Anziehen für sie übernimmt, sie total passiv wird und überhaupt nichts mehr selbst macht. Da hat er sich vor Lisa auf den Boden gekniet, die Hände auf die Oberschenkel gelegt – und mit dieser Haltung seiner Tochter signalisiert, dass er abwartet und nicht eingreift. Als sie den einen Fuß im Schuh hatte, sah sie ihn an. Er lobte sie, sagte „oh, jetzt steckt der Fuß im Schuh.“ Dann fragte er „soll ich dir helfen?“ und hielt dabei die Hände nach oben gedreht, was Hilfsbereitschaft signalisiert. Sie nickte. Papa band die Schnürsenkel und beide waren froh und Lisa war stolz. „Länger gedauert hat es übrigens nicht“, meint der ebenso stolze Vater.
Richtig loben lernen
„Das zu lernen fiel mir richtig schwer“, sagt Gerhard. Ein allgemeines „toll“ ist eben schnell gesagt. Aber eben auch nur schnell dahin gesagt. Weshalb es die Kinder nicht gut auf ihre Handlung beziehen können. Eltern sind also aufgefordert, die Kinder nicht nur ihren Handlungen selbst zu überlassen, sondern sie dabei auch zu beobachten, zu begleiten und mit ihnen in Kontakt zu sein.
Verantwortung übernehmen
Brigitte Schellhorn: „Es geht also darum, das Kind zu beobachten: Wofür tut das Kind das? Wo will das Kind von der Verantwortung, die ich bisher für es übernommen habe, etwas zurück haben? Wo will es selbst Entscheidungen treffen? So kann es Verantwortung erleben, stolz sein auf das, was es kann, und sich als wertvolles Mitglied der Familie fühlen.“
Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung hängen also eng zusammen. Und sie sind nicht nur auf das Kind bezogen, sondern auch auf sein soziales Umfeld. Die Selbstwirksamkeitserwartung, die auf Erfahrung beruht, ist die Grundlage jeder Bildung. Egal, ob es sich um mathematische Formeln oder das Schuhe-Anziehen handelt. Väter können dabei eine Menge tun, um ihre Kinder fit fürs Leben zu machen.
Ralf Ruhl



