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Allein im Kreißsaal


Ich war zum Zeitpunkt der Geburt gerade 30 Jahre alt geworden und war, wie meine Partnerin sehr aufgeregt. Ich war mindestens genauso schwanger wie sie.

Ich hatte gerade auf einer neuen Stelle begonnen. Es war Sonntag. Zwei, drei Tage vor der Geburt haben wir uns am Telefon voneinander eine Auszeit erbeten, lebten jeder in seiner eigenen Wohnung. Es kam schon während der Schwangerschaft zu trennungsähnlichen Szenarien. und die Situation war für mich, wie auch insbesondere für meine schwangere Freundin Tina sehr belastend.

Rückblickend war ich sehr überrascht, als am 05.05.05 mein handy klingelte und meine Tina dran war, und mir sagte, dass ich schnell ins Auto steigen, und sie abholen sollte, weil die Fruchtblase eben geplatzt war.
Ich fuhr so schnell ich konnte in den benachbarten Ort und lud sie samt Kliniktasche auf den Beifahrersitz, und fuhr los ins Krankenhaus.

Es war früher Nachmittag soweit ich mich erinnere und nach kurzer Fahrt im Krankenhaus angekommen liefen wir in den Kreissaal, wo meine Freundin untersucht wurde. Nach einiger Wartezeit und Gefühlen von Unsicherheit, kam der diensthabende Arzt zu uns und erklärte, dass eine frühzeitige Geburt, sofort notwendig ist, da sonst das Risiko besteht. dass unser Baby einen Schaden erleidet. Der Preis für eine sofortige Geburt war:

Kaiserschnitt und Vollnarkose.

Welche Wahl hattten wir?!

Nach den Gründen für die Vollnarkose gefragt, sagte der Arzt, dass es einen Wert beim Blut gegeben habe, der nicht eindeutig darauf schliessen lässt, dass alles in Ordnung ist, und sicher- bzw. vorsichtshalber wird daher in einem solchen Fall ein Kaiserschnitt gemacht.
Ich wollte noch protestieren, doch meine Freundin zeigte sich einverstanden und wollte keine Diskussion und so fügte sie sich in ihr Schicksal und das unseres Babies und ich ebenfalls.

Wir haben beide den Geburtsvorbereitungskurs zusammen besucht, allerdings fanden wir beide die Hebamme unsympathisch, so dass ich mich im Nachhinein immer wieder gefragt habe, wieso wir uns keine andere gesucht haben. Jedenfalls hatte mir und ihr der Kurs von unserer Unsicherheit in Bezug auf das, was kommen sollte, nicht viel nehmen können.
Ich versuchte zwar beruhigend auf meine Partnerin einzuwirken, jedoch war ich auch nicht viel ruhiger als sie. Ich hatte mich nicht wirklich über die Geburt informiert, und sehe das im Nachhinein auch als grob fahrlässig an.
Als es nach langer Warterei dann soweit war, und Tina in den OP nach oben kam, war ich sehr aufgeregt und rief meine Mutter an, und bat sie für uns zu beten, dass alles gut geht. Ich war ganz allein im Kreissaal, durfte nicht mit hoch und konnte niemanden etwas fragen, hatte niemanden, der mir sagte, was gleich auf mich zukommt und wie ich mich am Besten verhalte. Der Kreissaal war recht hübsch, also kein grelles Licht oder so, und
Kurze Zeit später kam eine Schwester und sagte: "hier ist ihr Sohn" und legte ein kleines nacktes Baby im Bündel vor mich auf den Wickeltisch, und ging. Ein nackter Babyleib, der vor sich hin gurrte und noch ganz schockiert vom Wechsel aus dem Mutterleib in diese neuartige Aussenwelt schaute, und seine Finger wie ein Seestern auf dem Meeresgrund bewegte. Ich war unbeholfen, fasziniert von diesem Anblick und schaute wie paralysiert auf dieses Wesen, das da nackig vor mir lag. Ich traute mich nicht gleich es anzufassen, bzw. auf den Arm zu nehmen, an mich zu drüken..... Ein Anblick pulsierender Energie. Ich fand es traurig, dass hier niemand auf meine Bedürfnisse als Vater einzugehen vermochte und mir beistand, obwohl/weil ja meine Partnerin die war, die die Geburt physisch erlebte.....

Die ersten Momente des Glücks


Das nächste, woran ich mich erinnere ist, dass meine schlafende Freundin hereingefahren wurde, und jemand das Kind auf ihren Bauch gelegt hat. Die restliche Familie von ihr kam herein, und machte gleich Fotos und viel Lärm, was ich als sehr störend und unpassend empfand. Die Fotos sind trotzdem sehr schön geworden und im Nachhinein eine schöne Erinnerung.

Unser Sohn war sehr klein, und gerade so schwer, dass er nicht auf die Frühgeborenenstation musste und im Krankenhaus bleiben durfte.

Wir verbrachten unsere erste Nacht gemeinsam im Stationszimmer mit unserem Sohn, und es war alles sehr schön und friedlich und neu: Die Schwester zeigte mir, wo ich ihn wickeln kann, weil meine Freundin noch starke Schmerzen vom Kaiserschnitt hatte und liegen sollte. Ich war froh, etwas tun zu können und sie zu unterstützen. Das Neugeborene roch so gut, unvorstellbar, rein und edel. Selbst der Kot roch toll.
Ich wollte natürlich, dass meine Freundin stillte, doch das klappte nicht gleich. Am Morgen nach der ersten Nacht mußte ich arbeiten. Schweren Herzens fuhr ich zur Arbeit und kam nach einem halben Tag wieder.
Die alten Spannungen kamen wieder hoch

Die anfänglich Harmonie war bald schon wieder verfolgen und die normalen Spannungen traten wieder an deren Stelle. Im Nachhinein waren die drei Tage in der Klinik zu kurz, jeder Tag mehr im Einzelzimmer wäre vermutlich gut, stabilisierend und erholsam gewesen. Doch auf Kostengründen zog meine Freundin nach der zweiten Nacht in ein Mehrbettzimmer mit anderen Frauen, und von da an war es vorbei mit der Entspannung und Ruhe für Sie und uns.

Ich bin sehr froh, bei der Geburt unseres Sohnes dabei gewesen sein zu dürfen. Ich werde das sicher nie vergessen und fand das das stärkste Erlebnis in meinem Leben. Es hat das gesamte Leben verändert.
Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass es einfach wichtig ist, die schwangere Partnerin so anzunehmen, wie sie ist, und ihr den emotionalen Rückhalt zu geben und die Unterstützung die sie und das Baby braucht, was sicher nur dann gelingt, wenn Mann sich selbst gut unterstützt fühlt und auch von sich aus etwas zu geben vermag.

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