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Risiko Kaiserschnitt


Risiko Kaiserschnitt - Was der Kaiserschnitt für Kind, Mutter und Vater zur Folge hatBild: © bevisphoto-fotolia.com

Hört eine Schwangere ihre Ärztin das Wort „Risiko“ murmeln, denkt sie sofort an einen Kaiserschnitt als Alternative zur natürlichen Geburt. Doch auch die Sectio birgt Risiken, über die oft nicht ausreichend aufgeklärt wird. Und der Kaiserschnitt birgt psychische Folgen, für die Mutter, das Kind – und den Vater.

In Kliniken wird heute jede dritte Schwangere per Kaiserschnitt entbunden. Der Grund: Risiko. Doch fast alles gilt heute als Risiko: Die Mutter ist zu alt oder zu jung, zu dick oder zu dünn, das Kind zu groß oder zu klein, übertragen oder zu früh, liegt nicht absolut korrekt – medizinisch wirklich notwendig sind Kaiserschnitte selten. Dann allerdings sind sie angebracht und können das Leben von Mutter und Kind retten.

Da die Sectio so häufig angewandt wird, gilt sie als Routineeingriff. Komplikationen kommen eher selten vor. Dennoch: es handelt sich um eine große Bauchoperation – mit entsprechenden Risiken und Interventionen. Hinzu kommen im Nachhinein mögliche seelische Probleme – für Mutter, Kind und Vater.

Operationsrisiken für die Mutter

  • Infektion. Bei der Operation wird der Bauch aufgeschnitten, es entsteht eine Wunde. Die kann sich entzünden und zu Wochenbettfieber führen. Deshalb werden meist vorbeugend Antibiotika gegeben. Auch die können eine Belastung für den Körper sein.
  • Verletzungen. Bei jeder Operation kann es zu Verletzungen kommen, bei einer Sectio insbesondere an Blase, Darm oder Blutgefäßen. Verwachsungen und Narben können eine Folge sein.
  • Narkoseprobleme. Eine Sectio wird fast überall unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Dennoch können, insbesondere bei Allergien, Reaktionen auftreten. Relativ häufig sind dann Übelkeit oder Hautausschlag. Schwerere Reaktionen sind selten. Bei einer Vollnarkose kann es zu Herz- und Kreislaufproblemen kommen.
  • Thrombose. Bei jeder Operation, also auch beim Kaiserschnitt, werden Blutgefäße verletzt. Nach der OP muss die Frau im Bett liegen. Dadurch können Blutgerinnsel entstehen. Diese Gefahr verringert sich, wenn die Frau früh wieder aufstehen und sich bewegen kann. Vorbeugend werden meist Medikamente zur Thromboseprophylaxe gespritzt.
  • Wundheilung. Es kann zur Narbenbildung kommen. Die sehen oft nicht schön aus – und manchmal schmerzen sie auch dauerhaft. Gerade bei Wetterumschwüngen klagen Frauen immer wieder, dass sich die Narbe bemerkbar machen würde.
  • Schmerzen. Während der OP liegt die Frau in Narkose und spürt nichts. Aber bis zu mehrere Wochen danach kann Wundschmerz auftreten, der sich auch länger anhaltend bemerkbar macht.
  • Uterusruptur. Durch die Öffnung der Gebärmutter und die Narbenbildung kann es bei späteren natürlichen Geburten zu einem Riss im Uterus kommen.
  • Plazenta praevia. Wird eine Frau nach einer Kaiserschnittgeburt wieder schwanger, wächst der Mutterkuchen häufiger im unteren Teil des Uterus an. Damit versperrt er den natürlichen Geburtsweg. Dennoch: Eine Frau kann auch nach einem Kaiserschnitt eine weitere natürliche Geburt erleben!

Risiken für das Baby

  • Atmungsprobleme. Bei einer natürlichen Entbindung presst sich das Kind durch den Geburtsweg. Dabei wird das Fruchtwasser aus der Lunge gedrückt. Das geschieht bei einem Kaiserschnitt nicht. Deshalb haben die Kinder oft Probleme mit der Atmung. Manchmal muss das Wasser sogar abgesaugt werden. Interessanterweise sind diese Schwierigkeiten deutlich geringer, wenn das Baby nach der Sectio sofort zur Mutter gegeben wird (Bonding).
  • Anpassungsprobleme. Diese können allein durch die Tatsache des plötzlichen Herausnehmens aus der Gebärmutter entstehen. Das Baby hat eben keine Vorbereitungszeit. Auch gelangen alle Medikamente, die der Mutter vor und während der OP gegeben werden, in den Körper des Kindes. Das kann zu Schläfrigkeit, verzögerten Reaktionen und auch Atmungsproblemen führen.
  • Wunden. Selten werden dem Kind durch die OP minimale Wunden zugefügt. Sie heilen schnell und von selbst ab.
  • Medizinische Behandlung. Kaiserschnittkinder bekommen häufiger direkt nach der Geburt weitere medizinische Behandlung. Das liegt meist an den Gründen, die für eine medizinische Indikation sprachen, wie Sauerstoffmangel oder Plazenta-Ablösung. Es bedeutet jedoch eine zeitweise häufigere Trennung von Mutter und Kind – und Stress für beide.
  • Allergien. Studien zeigen, dass Kaiserschnittkinder häufiger an Allergien und Infektionskrankheiten leiden. Das kann auch damit zusammenhängen, dass Kaiserschnittmütter seltener und kürzer stillen und das Kind daher weniger mütterliche Antikörper aufnimmt.

Psychische Folgen für die Mutter


Die Operation ist eine schwere Belastung für die Mutter. Sie kann sich nur wenig bewegen und braucht viel Unterstützung, vor allem durch den Vater: Essen kochen, dem Baby die Windeln wechseln, ans Telefon gehen. Aber auch jede Menge seelischer Unterstützung: Die Hand halten, die Narben eincremen, zeigen, dass er sie liebt.

Viele Frauen leiden darunter, „es nicht richtig geschafft zu haben“, also keine natürliche Geburt erlebt zu haben. Hatten die Wehen noch nicht eingesetzt, so sind Körper und Seele noch nicht bereit gewesen für die Geburt. Die Hormone hatten sich noch nicht umgestellt, die freudige Erwartung fehlt. Das Erlebnis der Geburt, die Schmerzen und die Euphorie, die den Schmerz vergessen lässt, der Stolz darauf, das Kind selbst zur Welt gebracht zu haben, das extreme Erleben der eigenen Körperlichkeit – das fehlt. Und das ist das, worüber viele andere Mütter sprechen, in Kursen und beim Stillteetrinken. Somit wird die Frau immer wieder mit einem Gefühl der Unzulänglichkeit konfrontiert.

Oft sprechen Frauen davon, dass es ihnen schwer fiel, das Kind sofort anzunehmen und zu lieben. Auch das tritt nach Kaiserschnittgeburten häufiger auf als nach natürlichen Geburten. Möglicherweise liegt hier ein Grund dafür, dass Kaiserschnittkinder seltener gestillt werden. Frauen erleben das häufig als „ihre Schuld“ und klagen sich dafür an. Sie brauchen dann viel Zuwendung und Verständnis durch ihren Partner.

Psychische Folgen für die Kinder


Normalerweise geht der letzte Impuls für die Geburt, das letzte Signal „jetzt geht’s los“, vom Kind aus. Bei einem Kaiserschnitt hat es dieses Signal nicht gegeben, das frühe, unbewusste, aber konstituierende „ich will in die Welt“ fehlt. Auch muss es sich nicht mit eigener Anstrengung, unterstützt durch die mütterlichen Wehen, durch den Geburtskanal pressen. „Yes I can“ – das kann es nicht mit dem auf die Welt kommen verbinden.

Das Baby wird unvorbereitet und oft durch die Schmerzmittel der Mutter sediert aus dem warmen und vertrauten Bauch geholt. Es ist nicht vorbereitet und es geschieht übergangslos. Die Neugeborenen reagieren daher oft mit Umstellungsschwierigkeiten, höherem Stress, wollen z.B. die Augen oft erst viel später öffnen. Auch hier kann frühes Bonding – wenn das Kind sofort nach der Operation der Mutter gegeben wird – den Übergang erleichtern.

Inwieweit spätere psychische Probleme von Kindern oder auch Erwachsenen mit einer Kaiserschnittgeburt in Zusammenhang gebracht werden können, ist in der wissenschaftlichen Literatur umstritten.

Psychische Folgen für den Vater


Vorbereiten – das geht beim Kaiserschnitt auch für den Vater nicht so richtig. Auch ist seine Rolle während der Operation sehr beschränkt. Er kann nur neben seiner Partnerin sitzen – und direkt nach der OP das Kind in Empfang nehmen, wenn sie es nicht kann.

Mithecheln, ihr die Stirn zwischen den Wehen abtupfen, sie halten, mit ihr durch den Kreißsaal gehen – all das kann er nicht. Nach einer natürlichen Geburt sprechen viele Väter davon, dass das eindrücklichste Bild war, als das Köpfchen erschien. Dies bleibt ihnen jahrzehntelang im Gedächtnis. Auch das fehlt dem Kaiserschnittvater, denn die Opreation findet verdeckt hinter einer Sichtblende statt.

In Männergruppen berichten Kaiserschnittväter immer wieder davon, dass sie ihre Bindung zum Kind als nicht stark genug empfinden, dass sie nicht wüssten, „was sie als Vater sollen“, also eine deutliche Rollenunsicherheit spüren, dass sie sich in Bezug auf die Erziehung sich den Wünschen und Vorstellungen der Mutter unterordnen. Inwieweit das direkt mit dem Kaiserschnitt zusammenhängt oder der Kaiserschnitt auch Ausdruck einer derart geprägten Beziehung ist, lässt sich nicht klären.

Deutlich ist jedoch: Auch Väter brauchen nach einer Geburt Unterstützung, brauchen jemand, der ihnen zuhört und der ihr Erlebnis mit ihnen teilt. Und nach einer Kaiserschnittgeburt in besonderem Maße.

Ralf Ruhl

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