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Spiel mal wieder - Spielabende für Männer


Bild: Stephan Brünig

Hier werden Männerträume wahr: Das Spielwarengeschäft idee & spiel in der Innenstadt Hannovers bietet regelmäßig Spieleabende für Männer an. Eine ausgefallene Idee, findet Väterzeit und begleitet eine " frauenlose" Runde auf der Reise zurück in die Kindheit.

Surrend setzen sich die Rotorblätter des Polizeihubschraubers in Bewegung, der Suchscheinwerfer erstrahlt in einem grellen Weißlicht. Langsam und schwerfällig erhebt sich der Helikopter in die Höhe. Für den Mann am Steuerknüppel ist Vorsicht geboten: schon ein kleiner Luftzug reicht aus, um das Fluggerät abdriften zu lassen. Konzentriert hält Christian Ziegel die Fernsteuerung in der Hand und reguliert Höhe und Schnelligkeit. Sein Blick verfolgt aufmerksam jede einzelne Bewegung in der Luft. Der 59-Jährige ist Spielleiter der Funkhubschrauber-Station, eine von elf Aktionen, die die Teilnehmer heute Abend durchlaufen. Inmitten lückenlos gefüllter Spielregale, hell beleuchteter Vitrinen und Türmen von Geschenkartikeln weist er die erste Gruppe in die Bedienung der Steuerung ein und manövriert den Helikopter nebenbei meisterhaft durch den Verkaufsraum. Wo sich tagsüber Familien und Kinder für die anstehenden Weihnachtseinkäufe drängen, erliegen nun jeden Freitag Abend jung gebliebene Männer den Reizen des klassischen Spielzeugs. "Angefangen hat alles mal mit einer Einladung für Geschäftsfreunde zum zehnjährigen Jubiläum", erinnert sich Ken Heilmann, Projektleiter für die Männerabende. "Dann berichtete die Presse darüber und seitdem werden wir mit Anfragen überhäuft." 52 Teilnehmer pro Abend sind zugelassen, die in Vierer-Teams um Schnelligkeit und Geschick gegeneinander antreten.

"Entweder man spielt, oder man spielt nicht!"


Lautes Grölen und schadenfrohes Gelächter ertönen von der Station mit der Carrera-Bahn. Ein Ford Capri hat sich quergestellt und blockiert die Innen- und Außenbahn, als der heranbrausende VW Scirocco mit voller Wucht in ihn hineinrast und ihn über die Bande aus dem Spiel schleudert. "Das war doch unfair! Der bremst doch!", lacht ein Spieler und wischt sich mit dem Ärmel die Freudentränen aus den Augen. Ein vorsätzlich herbeigeführter Crash also. Aber ist das nicht etwas kindisch in dem Alter? "Das hat nichts mit Kind zu tun. Entweder man spielt oder man spielt nicht!", stellt Teilnehmer Holger Freund (40) richtig. "Ich glaube, wir haben einfach nur Spaß. Im richtigen Leben fehlt oft die Möglichkeit, seinen Spieltrieb rauszulassen."

59 Treffer in drei Minuten


Im Aufgang zum ersten Stock herrscht reger Betrieb. Soeben hat ein Spieler an der Basketball-Station den bisherigen Rekord gebrochen: 59 Korbtreffer in drei Minuten. Die Meldung verbreitet sich wie ein Lauffeuer und keine Minute später eilt eine andere Gruppe herbei, um das Ergebnis zu überbieten. Für Spielleiter Jürgen Erbs (75) ist das immer wieder ein Phänomen: "Mich fasziniert es, zu sehen, wie hier das Kind im Manne herausbricht. Sie heizen sich an, puschen sich gegenseitig auf, ‚ja, das schaffst du noch’!" Als Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Mädchen hat er die Begeisterung für klassische Spiele während der ganzen Jahre auf seine Familie übertragen. "Meine Töchter würden glaube ich gleich an den Tippkick- oder den Krökeltisch gehen, wenn sie heute hier wären", verrät er.

Ein zufriedenes Kinderlächeln im Gesicht eines erwachsenen Mannes


Kurz vor Mitternacht neigt sich der Männerabend dem Ende. Aus der zweiten Etage dringt der Aufruf zur letzten Runde am Pokertisch, das Team am Boccia-Stand geht ins Finale, die Dartwerfer zielen noch einmal möglichst genau und der Funk-LKW setzt an zur Heimfahrt durch die Slalom-Hütchen. Den Männern fällt es offensichtlich schwer, sich von den Spielgeräten zu trennen. Andächtig betrachtet Teilnehmer Matthias Apitz (39) den Funk-Hubschrauber auf seinem letzten Flug für heute Abend: "So einen kaufe ich für meinen Sohn. Und wenn der dann im Bett ist, geht der Alte dran." Projektleiter Ken Heilmann ist unterdessen damit beschäftigt, den Gruppensiegern ein kleines Präsent für ihre gute spielerische Leistung zu überreichen. Eine Geste des Hauses, die von Beginn an Bestand hat. Doch wie steht es um die Zukunft des klassischen Spielzeugs? Könnte der Männerabend eines Tages durch die voranschreitende Digitalisierung gefährdet werden? "Auf keinen Fall!", ist sich Ken Heilmann sicher, "bei uns fühlt sich jeder Mann wohl. Hier findet er alles, was er in seiner Jugend gerne gehabt hätte und nicht haben durfte. Er kann sich seine Wünsche erfüllen!" Eine Idee, die Geschäftsinhaber Heinz Lehmann zur erfolgreichen Förderung von Spiel und Spaß ausgebaut hat. Und der Erfolg ist an jedem einzelnen Teilnehmer sichtbar: Ein zufriedeneres Kinderlächeln im Gesicht eines erwachsenen Mannes an einem Abend wie diesem, an dem Männerträume wahr werden, wird woanders nicht so schnell zu finden sein.

Stephan Brünig

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