30.08.2010
51. Woche
Große Schwester - kleiner Bruder
Schlaflose Nacht - Geschwisterkinder sind was schönes, aber auch anstrengend - mal keine Kurzreise
Mal eine Woche ohne längere Autofahrten, keine Kurzreisen, kurzum, nur zu Hause. Aber dafür mal wieder ein verspäteter Tagebucheintrag, da unsere Tochter am Sonntag Abend mitten während der ersten Sätze für sich und uns die Nacht zum Tage machte.
Wir wissen bis jetzt nicht was los war, auf jeden Fall hörten wir sie auf einmal weinen und nach uns rufen. Also erst Mama zu ihr ins Zimmer, um sie zu beruhigen. Nachdem Susanne nach 5 Minuten noch nicht zurück war, bin ich auch noch ausgerückt und fand Susanne kniend vor Nalas Bett und beruhigend auf sie einredend. Nala dagegen war aus welchen Gründen auch immer völlig außer sich und wollte absolut nicht mehr in ihrem Bett schlafen. Also, hat sich Susanne mit ihr ins Schlafzimmer verzogen und sie in ihr Prinzessinenbett gelegt.
Ich bin dann keine 10 Minuten wieder am PC gesessen, da stand Susanne neben mir. Nala wolle jetzt zu mir. Ich also ins Schlafzimmer. Auf die Frage, was sie wolle, meinte Nala, sie wolle jetzt mit mir auf der Couch (im Wohnzimmer) schlafen. Ich also PC runter gefahren (natürlich ohne Sicherung des bisher geschriebenen... klasse!), Couch ausgezogen, Bettzeug geholt und mich mit ihr auf der Couch schlafen gelegt.
Eine halbe Stunde später war sie wieder am weinen und wollte nun in ihr Bett. Also alles wieder kehr marsch. Normalerweise wären wir konsequenter gewesen. Da wir aber nicht wussten, ob sie schlecht geträumt hatte und jetzt einfach Angst hat, machten wir zunächst einmal alles mit. Das Bett wurde in dieser Nacht noch einige Male gewechselt. Bis Nala dann doch wieder in ihrem Bett landete und Susanne auf der Couch bei ihr im Zimmer sich hinlegte. Es dauerte aber noch bis sage und schreibe ca. halb vier Uhr Nachts, bis Madam endlich schlief.
Kann mir einer mal bitte sagen, woher diese kleine Wesen diese Energie hernehmen? Sie war die erste, die am Morgen dann wach war. Versteh einer die Welt.
Ansonsten hat sich das Kindergartenthema beruhigt - ich finde erstaunlich schnell. Waren die ersten beiden Tage beim Abschied noch mit Tränen und Weinen verbunden, so nimmt Nala es seit Mittwoch als gegeben hin. Ich bekomme sogar mein Abschiedsküsschen und sie winkt mir dann am Fenster noch zum Abschied nach. Aber alles ohne Tränen, Theater und Weinen. Bin schon stolz auf meine große „Kleine“.
Severin scheint die Zeit am Vormittag auch zu genießen. Zumindest nachdem, was ich so von Susanne höre. Immerhin hat er in diesen paar Stunden die ungeteilte Aufmerksamkeit von Mama, muss diese mit niemandem teilen und es ist auch keiner da, der ihm irgendwelche Spielsachen streitig macht.
Auch seine „Esskultur“ wird immer besser. Sein Geschmack scheint sich von Tag zu Tag immer mehr zu entwickeln. Zumindest kommt fast jeden Tag wieder etwas Neues dazu, was er vom Tisch ist.
Herrlich ist es, wenn er von seiner Schwester gefüttert wird. Die macht das mit einer herzlichen Hingabe und man merkt in diesen Momenten so richtig, wie es ihr gefällt, die große Schwester zu sein, die ja schon soooo viel mehr kann als er. Zwar müssen wir aufpassen, das sie ihm die Brothäppchen nicht zu schnell hinter einander gibt und der arme Severin nicht mal Zeit zum Kauen und Schlucken hat. Aber teilweise isst er dann tatsächlich besser, als wenn Mama oder Papa versuchen ihn zu füttern. Tja, die große Schwester hat doch schon einen ganz schönen Einfluss auf ihn.
Das spiegelt sich aber auch in anderen Bereichen wieder. Der junge Mann macht wirklich alles nach, was ihm seine große Schwester vor macht. Zumindest versucht er es. Darunter sind aber dann auch Kletterkunststückchen, für die er absolut noch zu klein ist und wir dann Nala immer wieder einbremsen müssen. Was aus meiner Sicht aber auch immer eine kleine Gradwanderung ist. Schließlich möchten wir ihr nicht zu viel wegen ihrem kleinen Bruder verbieten. Ich habe sonst die Befürchtung, das sich das mal in Abneigung zu ihm entwickeln könnte, wenn sie ständig wegen ihm etwas nicht darf. Also müssen wir sie auch mal gewähren lassen und Severin einfach einbremsen. Was auch nicht so einfach ist. Zumal er ihr ja wirklich nicht von der Seite weicht, wenn beide zusammen sind.
Ganz schlimm ist es, wenn beide sich verziehen und auf einmal Ruhe einkehrt. Dann werden Susanne und ich von dieser trügerischen Stille aufgeschreckt und misstrauisch. So haben sich beide diese Woche in Nalas Zimmer mit ihren Malsachen befasst. Severin bekam dabei Nalas Kinderstempel (so eine Art Rollstempel, mit dem man auf Papier entlang rollen kann und dann immer das gleiche Motiv gestempelt wird) in die Finger. Als wir dazu kamen, waren bereits Finger und Mund sowie alles drum herum blau mit Stempelfarbe. Herrlich dazu das Gesicht. Er drehte sich zu uns und war breit am grinsen. Die anschließende Waschaktion fand er dann dafür nicht ganz so lustig.
Süß ist auch, wenn Nala ihren Bruder schon jetzt in Schutz nimmt. „Der Severin darf das“ faucht sie uns an, wenn wir ihm mal wieder etwas verbieten und sie aber der Meinung ist, dass das ganz in Ordnung sei. Wer hat auch bloß Eltern erfunden, die offenbar nur dafür da sind, einem etwas vorzuschreiben.
Etwas Sorgen macht uns Nalas Tonfall seit einiger Zeit. Gefühlt ist es seit den letzten beiden Wochen, seit dem sie im Kindergarten ist, besonders schlimm geworden. Sie hat teilweise einen Befehlston am Leib, mein lieber Herr Gesangsverein. Wir vermuten mal, das sie ein neues Gebiet gefunden hat, auf dem sie uns austestet, wie weit sie gehen kann.
Neu ist zum Beispiel zur Zeit ihr Spruch: „Ich bin hier der Bestümmer“. Gemeint ist natürlich „Bestimmer“ und wir denken, das dies die ersten Sprüche aus dem Kindergarten sind. Da wird wohl noch Einiges auf uns zukommen.
Auch sonst merkt man an so vielen Kleinigkeiten des täglichen Lebens, wie sie immer... tja, wie will man das sagen... reifer?... älter?... wird. So geht sie sein kurzer Zeit selber ans Telefon, meldet sich zwar noch mit „Hallo“ und telefoniert dann aber auch fleißig.
Severin dagegen bleibt auch weiterhin ziemlich wortfaul. Teilweise braucht es entweder sehr viel Phantasie um zu verstehen, was er sagt, manchmal ist es auch einfach schlicht unmöglich. Was uns allerdings auffällt, dass er vermehrt anfängt, nachzusprechen. Problemzone ist nach wie vor der Abendtisch, wenn er in seinem Stühlchen sitzt, immer vehementer „da“ sagt und wir beim besten Willen nicht wissen, was er meint. Meistens endet es dann in einem Wutausbruch von ihm, weil er nicht das bekommt, was er möchte.
Faszinierend oder vielmehr unverständlich ist auch der Stimmungswandel bei Überschreiten der Haustürschwelle. Hatten wir vorher noch völlig harmonische, zufriedene und ausgeglichene Kinder, so werden diese kaum nach Betreten der Wohnung zu Zicken, Teufelchen und rumheulenden und –schreienden Bistern. Hat jemand eine Erklärung für dieses Phänomen oder gibt es diese nur bei uns? Haben wir einen Fluch über unserer Türschwelle?
Großes Thema ist momentan auch der „Schnuller, „Schnulli“ oder auch „Owiwi“ (letzteres für Severin). Wir versuchen die beiden tagsüber möglichst vom Schnuller fern zu halten. Nala hat ohnehin schon einen kleinen offenen Biss und wir wollen dies durch zu häufiges Schnullern nicht auch noch fördern. Das ganze wird nur etwas schwierig, wenn wir bei Severin aufgrund seines Alters noch etwas großzügiger sind und Nala dann natürlich überhaupt nicht verstehen kann, wieso er einen haben darf und sie nicht.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich für die lieben und herzlichen Kommentare zu meinem letzten Tagebucheintrag bedanken. Ich habe mich wirklich und ehrlich gefreut, das mein Tagebuch wohl doch mehr und häufiger gelesen wird, als ich bisher dachte. Deswegen besonders für Mareike: Ja, es ist stressiger mit 2 Kindern. Ja, es gibt Momente, an denen man an sich zweifelt, ob es doch die richtige Entscheidung war. Ja, die Momente der Zweisamkeit zwischen den Partnern nehmen mit dem zweiten Kind in aller Regel noch mehr ab. Aber: Ja, wir würden uns jederzeit wieder dafür entscheiden. Die „Geschwistermomente“ überwiegen doch zu sehr und es ist einfach herrlich, mit ansehen zu können, wie die beiden gemeinsam aufwachsen und sich gegenseitig helfen. Okay, meist hilft mehr das ältere Geschwisterchen dem jüngeren, aber wenn man die Bewunderungsblicke von Severin sieht, wie er manchmal seine große Schwester anschaut und laut „Lala“ durch die Wohnung ruft, wenn er sie sucht, dann wissen wir immer wieder, das es die richtige Entscheidung war. Also nicht entmutigen lassen. Mit Geschwistern aufwachsen ist schon schön. Manchmal auch für die Eltern... grriinss.
Ach, für alle Tierfreunde unter Euch. Kasimir gibt es natürlich auch noch. Er entwickelt sich aber langsam immer mehr zum Freigänger, der allerdings brav jeden Abend nach Hause kommt und lieber auf der warmen Couch oder auf einem der Wickeltische nächtigt und schläft. Manchmal hab ich das Gefühl, das er so ein bisschen vor diesen zwei nervenden kleinen Ungeheuren flieht, die ihm, wenn er mal da ist, ständig ans Fell wollen. Aber der kleine Stubentiger ist mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Familie geworden, den keiner mehr missen möchte. Da es inzwischen draußen auch wieder kälter und nasser wird, zieht es ihn auch immer mehr in die wärmende Wohnung. Zu seinen Gunsten ist das Elternschlafzimmer durch ein Gitter vor den Kinder gesichert, so das er sich hier auch zurück ziehen kann, ohne das diese kleinen Zweibeiner ständig an ihm dran sind.
Susanne und ich haben am Sonntag wieder mit dem zweiten Teil unseres Tanzkurses angefangen. Wir mussten diesen ja im April mangels Teilnehmer leider unterbrechen und sind jetzt bei einem anderen Kurs zur Hälfte wieder mit eingestiegen. Es kam, wie es kommen musste. Statt Entspannung und Genuss, war mal wieder ein bisschen dicke Luft angesagt, da ich nicht so führte, wie sie es gerne hätte. Aber inzwischen sind wir Gott sei Dank so weit, das wir uns auch schnell danach wieder vertragen. Mal schauen, wie die nächsten Kurse verlaufen.
So, das war es mal wieder für diese Woche. Nun zum vorletzten Mal. Werde bei meinem nächsten und letzten Eintrag mal versuchen, so das ganze letzte Jahr Revue passieren zu lassen.
Ich sage wieder Dankeschön für Euer Interesse und grüße Euch ganz herzlich
Euer
Wieland
Gerd, Norddeutschland:
31.08.2010 13:00
Hallo Wieland,
auch ich werde natürlich Dein Tagebuch vermissen.
Das mit dem mehrfachen nächtlichen Umziehen scheint mir übrigens ein typisches Beispiel von Trotzphase zu sein. Sobald eine Forderung erfüllt wird, ist nicht etwa Ruhe, sondern es wird sofort die nächste gestellt. Hier hilft leider nur Konsequenz, auch wenn sich die Kleinen am Boden wälzen (musste ich auch erst auf die harte Tour lernen)
.
Der harschen Ton aus dem Kindergarten kenne ich nun auch schon zur Genüge. Und dass man diesen Ton auch besonders gern zu Hause anwendet – im Kindergarten traut man sich ja nicht – und dass Kinder im Kindergarten ganz lieb sind und zuhause durchdrehen – auch das kenne ich. Ich glaube, das geht gerade bei Mädchen so.
Wird es mit zwei Kindern anstrengender? Ich finde schon. Die schönen Momente sind vielleicht noch schöner, aber bei den unschönen potenzieren sich die Probleme. Eifersuchtsszenen zwischen den beiden, Prügeleien ums Spielzeug etc. etc. - ich würde es mir heute 3 mal überlegen, ob ich noch ein zweites Kind will.
Gruß
Gerd