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Geburt an vielen Schläuchen


Am Sonntagabend platzte die Fruchtblase. Wir hatten Teststäbchen, um Fruchtwasser von anderen Flüssigkeiten zu unterscheiden. Man sollte sich unbedingt vorher nach einem Familienzimmer im Krankenhaus erkundigen. Da kann auch der Vater bis zu einer Woche nach der Geburt bei der Familie bleiben und auch dort übernachten. So habe ich die Zeit unmittelbar nach der Geburt viel intensiver miterlebt und ich war auch eine echte Hilfe für meine Liebste.

Nachdem das CTG - Wehenmessgerät und Messung der Herzfrequenz des Babys - angeschlossen war, die Wehen noch einen längeren Abstand hatten, konnten wir den Abend im Krankenhaus mit etwas Schlaf verbringen. Wir hatten unsere Lieblingsmusik - meist Panflöten- und Entspannungsmusik - dabei. Im Krankenhaus gibt es meist einen CD-Player, auch im Kreissaal.

Am nächsten Tag ging es in der Frühe in den Kreißsaal. Vorher gut frühstücken, weil dazwischen manchmal wenig Zeit bleibt, auch wenn man während der Geburt natürlich gar nicht ans Essen denken kann. Im Kreißsaal wird dann die Mutter neben dem CTG noch an eine Vielzahl von Geräten angeschlossen, deren Kabel beim Umbetten oder Lageverändern sehr hinderlich sind. Hier kann man Hebamme und Mutter gut unterstützen.

Kompetenzgerangel im Kreißsaal


Ungünstig war, dass mehrere junge Ärztinnen mit einer erfahrenen Hebamme "zusammenarbeiten" sollten; hier kam es manchmal zu Meinungsverschiedenheiten, wobei (hierarchiebedingt) die Hebamme meist das Nachsehen hatte, obwohl sie die besseren Kenntnisse, die größere Erfahrung hatte und auch die richtige Entscheidungen hätte treffen können.

Die Wehen sind dann mithilfe eines Wehenmittels heftiger geworden. Man kann am CTG genau sehen, wenn eine Wehe kommt und auch ihre Stärke erkennen. Hier war es am besten, die Mutter festzuhalten, ihr beizustehen und teilweise mit ihr zu "atmen". Ich habe ihr oft den Schweiß abgewischt und zu Trinken gegeben, denn sie hatte eigentlich ständig Durst. Auch konnte sie zwischendurch etwas Kleines essen.

Auf keinen Fall sollte bei einer Presswehe von oben mit der Hand - oder Faust - auf den Bauch der Mutter mitgedrückt werden, um etwas "nachzuhelfen". Meinem Schatz wurde es daraufhin sofort sehr schlecht und sie musste sich ganz heftig übergeben.

Eine PDA kann immer möglich sein


Wenn die Wehen zu schmerzhaft sind, kann eine PDA gelegt werden. Dies ist eine Betäubung mit einem kleinen Stich ins Rückenmark und führt dazu, dass der Wehenschmerz fast völlig verschwindet. Vorteil: Die Betäubung kann dosiert werden. Nachteil: Die Mutter spürt nichts mehr und kann daher die Wehen mit eigenem Pressen nicht richtig unterstützen. Meine Liebe wollte es zuerst ohne PDA probieren, aber wollte dann doch eine.

Nicht wundern, wenn der Arzt euch aus dem Kreissaal verweist oder ihr nicht zuschauen könnt, wenn die PDA gelegt wird. Das liegt nicht daran, dass die Ärzte sich nicht "auf die Finger gucken" lassen möchten, sondern einfach daran, dass manche Väter das nicht aushalten und umfallen; schließlich soll ja ein Kind geboren werden und nicht ein Mann am Schluss im Krankenhaus liegen müssen. Auch ist es nicht ungewöhnlich, dass der Mutter nach dem Legen der PDA schlecht wird und sie sich erbricht. Meine Süße hatte das zum Glück immer rechtzeitig angekündigt und dann kann man auch "Hilfe" leisten.

Unsinnige Formalitäten


Vor der Geburt wird im Gespräch meist im Krankenhaus das Thema PDA behandelt. Daher sollte man vorher bereits die schriftlichen Belehrungen für eine PDA unterschreiben, weil sonst manche Ärzte das im Kreissaal vor dem Legen der PDA nachholen wollen, um sich rechtlich abzusichern. Da bei uns die erste PDA nicht richtig wirkte, wurde dann eine zweite gelegt, die dann erneut schriftlich vorher besprochen werden sollte. Das ist zwar alles Unsinn, weil die Unterschrift der Mutter in dieser Situation keine Wirkung hat, aber es ist halt schlecht, wenn die Ärzte erst nach der Unterschrift weitermachen wollen.

Auch sollte man vorher das Formular für einen eventuellen späteren Kaiserschnitt ausfüllen. Das hatten wir nicht gemacht, sodass ich in schmerzhaftester Situation ein vierseitiges, eng geschriebenes Dokument hätte vorlesen sollen, was ich aber verweigerte. Mein Schatz hat einfach unterschrieben. Dass diese Unterschriften nichts wert sind, zeigt deutlich, dass meine Liebste zwar im Kreissaal zweimal unterschrieb, sich später aber nur noch an eine Unterschrift erinnern konnte.

Allein im Kreißsaal


Während der Wehen fand ich es am besten, bei der Mutter zu bleiben, sie an Oberkörper und Kopf festzuhalten, mit ihr zu sprechen, zu beruhigen und nicht schon das Baby im Geburtskanal zu "beobachten". Das geht zwar, ist aber keine Unterstützung für die Mutter. Es können auch während der Wehen eine Menge Blut, Fruchtwasser, Urin und anderes austreten.

Hebamme und Ärztinnen verließen gelegentlich den Raum, um nach anderen Gebärenden in den Nachbarkreissälen zu sehen. Das ist auch erlaubt, solange sie in der Geburtsstation bleiben, was bei uns der Fall war. So blieben wir manchmal allein zurück und konnten unsere frischen Erfahrungen vom Pressen, Wechseln der Tücher und Bedienen der Geräte gleich praktisch anwenden. Eine Geburt kann mithilfe der PDA "unterbrochen" und erst eine halbe Stunde später fortgesetzt werden; bei einer 33-stündigen Geburt (wie bei uns) braucht jeder, auch die Mutter, mal eine Pause.

Komplikationen...


Die Ärztinnen haben dann, als die Presswehen kamen, die PDA ganz abgestellt, damit mein Schatz gut mitpressen konnte, denn dann spürte sie wieder jede einzelne Wehe. Die Schmerzen setzten aber dann plötzlich und ganz heftig ein. Deshalb ist es besser, die PDA nicht völlig abzudrehen, sondern nur maßvoll zurückzudrehen. Ich habe den Ärztinnen auch gesagt, dass sie die PDA wieder stärker aufdrehen sollen, weil meine Liebste wirklich sehr litt und normalerweise sollten sie einer solchen Bitte auch nachkommen.

Das Baby hatte sich bei den letzten Presswehen immer weiter nach unten bewegt, aber sobald die Wehe vorbei war, schob sie sich wieder zurück. Das war sehr ungewöhnlich und man hatte den Eindruck, sie wolle dort nicht raus (später stellte sich heraus, dass die Plazenta Blutgefäße derart vor den Ausgang des Geburtskanals gelegt hatte, dass eine natürliche Geburt gar nicht möglich gewesen wäre.) Irgendwann hat meine Liebste dann gesagt, dass das so nicht weitergeht, weil es nicht mehr zum Aushalten war.

Als die Ärztinnen, die zwischendurch mehrmals aus dem Kopf des Babys ein wenig Blut entnommen hatten, um den Sauerstoffgehalt zu prüfen, dann erneut einen Versuch der natürlichen Geburt wagen wollten, haben Hebamme und ich energisch nach einem Kaiserschnitt verlangt.

...und deshalb Kaiserschnitt


Beim Kaiserschnitt kann der Vater im Operationssaal dabei sein. Vorteil: Beim Kaiserschnitt - im Gegensatz zur normalen Geburt - bekommt der Vater das kleine Wesen als erster auf die nackte Brust, um Körperkontakt herzustellen. Die Hebamme hatte mir das auch schon vorher gesagt und mich gefragt, ob ich das möchte. Das kann ich nur empfehlen und ist ein besonderes, ganz inniges Gefühl. Die Brusthaare müsst ihr Euch deshalb nicht entfernen lassen.

Bei der Vorbereitung des Kaiserschnittes ist der Vater nicht dabei. Man muss nämlich selber OP-Kleidung anziehen, sich desinfizieren, um dann mit Mützchen den OP zu betreten. Dann habe ich der Mutter, die fast völlig betäubt festgeschnallt daliegt, direkt am Kopf Mut zugesprochen. Ich war sehr froh, dass meine Süße immer reagierte, wenn ich sie ansprach.

Den Schnitt und die "Geburt" selbst konnte ich aber nicht sehen, da die Sicht durch einen Vorhang verdeckt wurde. Die Ärzte wollten auf gar keine Fall, dass man über den Vorhang schaut, damit eben niemanden schlecht wird. Wenn dann die Hebamme mit dem Kind hinter dem Vorhang auftaucht, wird erst einmal der Kontakt mit der Mutter am Kopfende hergestellt und meine Teure hat trotz der Betäubung deutlich Freude gezeigt.

Wenn das Baby endlich da ist


Dann gehts zum Säubern der Kleinen in ein Wärmebettchen. Bis zum ersten Atemzug kann es mehrere Minuten dauern, ohne dass das Kind Schaden nimmt. Bis dahin bewegt sich das Kind kaum; erst wenn es atmet, fängt es auch an zu schreien. Unser Kleines bekam zweimal kleine "Anstöße" vom Arzt, damit die Atmung einsetzt. Das war nur die Zufuhr reinen Sauerstoffes mit einer Maske und einem kleinen Schlauch direkt in den kleinen Mund.

Auch beim Kaiserschnitt kann man die Nabelschnur, die zwar schon durchtrennt ist, noch einmal "symbolisch" durchschneiden; das tut dem kleinen Wesen nicht weh und fühlt sich an, als ob man einen kleinen Gummischlauch durchschneidet.

Nach der Geburt könnt ihr Euch auch auf "Wochenbett-Depressionen" gefasst machen. Sie sind ganz normal und kommen häufig vor. Zum Glück klingen sie meist binnen weniger Monate ab. Die Mutter hat häufig das Gefühl, nicht alles für ihr Kleines getan zu haben. Ihr könnt sicher sein, dass Eure Partnerin auch nicht so sein will und ihre Veränderung auch selber merkt; aber die Hormonumstellung bewirkt halt manchmal so ein "etwas merkwürdiges Verhalten".

Heute ist unsere Kleine gesund und munter, entwickelt sich ganz toll und wir sind eine glückliche Familie.

Peter, 49, Richter

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