Väter, der Stress und die Erziehung
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Wer erzieht die Kinder? Und wie sehen es die Objekte dieser Bemühungen selbst? Was stresst Väter und Mütter? Das fragte die Zeitschrift Eltern. Toll: Über 90% der Kinder finden ihre Eltern klasse!
Elternstress ist oft selbstgemacht
Kinder stellen ihren Eltern ein gutes Zeugnis aus: Über 90% finden, sie sind die besten auf der Welt. Und 66% meinen, die Eltern kriegen das gut hin mit der Erziehung und dem Alltag. Mehr noch meinen, die Eltern lieben sich und gehen gut miteinander um: 77%! Besser kann es eigentlich kaum sein. Dennoch machen wir uns ungeheuer viele Gedanken über die Erziehung. Und das führt zu Stress.
Das belegen auch die Zahlen der Studie: 54% der Väter und 56% der Mütter werden ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Meinen sie. Und 38% wünschen sich mehr innere Ausgeglichenheit. 36% wollen perfekt sein, und das stresst sie. Die eigenen Anforderungen als hohen Druck empfinden 32% der Väter und 50% der Mütter. Offenbar ist das Bild, das vor allem Mütter von sich selbst haben, von unerreichbaren Idealen geleitet, nicht von den eigenen Wünschen und denen der Kinder.
Mehr Zeit erwünscht
Viel Stress ist also selbstgemacht. Aber eben beileibe nicht alles. 62% der Eltern klagen über Hetze und haben zu wenig Zeit. Mütter geben da mit 67% sogar noch höhere Werte an. Hätten sie mehr Zeit - was würden sie damit anfangen? In die Partnerschaft investieren, sagen 28% der Männer. Frauen hingegen denken da stärker an sich selbst: 18% wollen mehr Zeit für sich.
Unter Druck gesetzt fühlen sich die Eltern gesellschaftliche Normen, auch hier die Mütter stärker als die Väter (41% bzw. 39%). Die Arbeitgeber kommen vergleichsweise gut weg: 23 der Männer und 21% der Frauen sehen hier Handlungsbedarf. Vonseiten der Schule oder der Kita sehen 15% der Väter und 20% der Mütter Ärger auf sich zu kommen. Selbst Probleme gehabt haben aber die wenigsten: noch nicht einmal 30%.
Sind Väter partnerschaftlicher?
Der größte Teil der Eltern denkt partnerschaftlich, die Männer stärker als die Frauen. Denn 85% der Väter sehen beide als zuständig für die Erziehung an, 14% sehen hier vor allem die Partnerin in der Verantwortung. Von den Müttern reklamieren immerhin 32% den größten Teil der Bestimmung über die Erziehung für sich, zwei Drittel sehen hier beide als gleichwertig an.
Aber wie sieht die Realität aus? Die Väter sagen zu 63%: Das machen wir beide. Ein Drittel gibt zu, dass die Partnerin die Hauptlast trägt und immerhin 3% meinen, sie tun am meisten zu Hause. Die Mütter sehen das genau anders herum: 62% sehen sich am stärksten von Haushalt und Kindern belastet, 36% meinen, diese Arbeit sei gleich verteilt.
Die Hauptlast der Erziehung
Nach einer Trennung wollen die Eltern aber beide für die Kinder da sein. Und die hat immerhin ein Fünftel der Kinder erlebt. Alle befragten Kinder lebten übrigens bei der Mutter. Aber zwei Drittel meinen: Beide Eltern sind für mich da.
Welches Fazit lässt sich also ziehen? Kinder lieben ihre Eltern und stehen loyal zu ihnen. Das ist jetzt mit Zahlen belegt, aber eigentlich haben wir auch nichts anderes erwartet, die Bindungsforschung legt das ja seit Jahrzehnten nahe. Wichtiger als ein gutes und entspanntes Leben mit der Familie scheint das Bild zu sein, das Eltern von sich haben, insbesondere Mütter. Das Kind als eigenes Produkt soll anscheinend glänzen. Und was die Partnerschaftlichkeit angeht - da haben die Männer offenbar gelernt, was sie auf die entsprechenden Fragen zu antworten haben. Und Frauen reklamieren immer noch zu einem erschreckend hohen Anteil die Dominanz in Erziehungsfragen für sich.
Aber dass beide Geschlechter meinen, die Hauptlast in Haushalt und Erziehung zu tragen, ist schon kurios. Da klaffen Selbst- und Fremdwahrnehmung deutlich auseinander. Darüber zu rechten, wer sich und dem Partner nun in stärkerem Maße etwas vormacht - das führt zu nichts. Das einzige was hilft: Anerkennung für die Erziehungsleistung des anderen! Das schafft ein gutes Gefühl und stärkt die Partnerschaft. Vielleicht sogar die Liebe. Und die wollen die Kinder sehen!
Ralf Ruhl
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