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Seitenhieb vom 03. December 2023
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Wenn der Vater mit dem Sohne ...
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Was macht der engagierte Vater, wenn er im normalen Arbeitsleben kaum Zeit für seine Sprösslinge hat? Richtig: Er wartet sehnlichst auf den Urlaub. Genauer: auf den „Vater-Kind-Urlaub“.
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Illustration: Michael Luz
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Während eingefleischte Machos diesen Begriff vermutlich für einen Widerspruch in sich halten („Was jetzt? Kind oder Urlaub?“), hat der „Neue Mann“ dank dieser modernen Form der Absolution nun endlich Gelegenheit, sein geschundenes Gewissen zu erleichtern: Wenn schon nicht Teil-Zeit arbeiten, dann doch wenigstens einen Teil der Urlaubs-Zeit opfern. Für den Familienfrieden, für die psychische Ausgeglichenheit von Mutter und Kind und für die Tilgung unserer über Jahrhunderte hinweg angesammelten väterlichen Erbschuld.
„Machen Sie eine völlig neue Urlaubserfahrung“, versprechen uns die Anbieter von Vater-Kind-Touren. Und das ist vermutlich nicht einmal zynisch gemeint. Wer schon mal in den Genuss von Erziehungs-„Urlaub“ gekommen ist, weiß den Begriff ohnehin richtig einzuschätzen. Und kann ihn unterscheiden von der verlockenden Bezeichnung, mit der uns die Tou-rismusbranche normalerweise in sonnige Gefilde locken will.
Apropos „Sonnige Gefilde“: Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass „Vater-Kind-Urlaub“ nicht an irgendeinem Pool auf Teneriffa stattfinden kann, sondern immer Trekking, Schlafen im Zelt (besser noch unter Planen) und Kochen am Lagerfeuer bedeutet? Oder wie es ein Bergtouren-Veranstalter anbietet: „Überwachte Begegnung zwischen Vater und Kind beim Eintauchen in die Welt des Hochgebirges“ ...
Prima. Ja, dafür taugen sie, die modernen Väter im Zeitalter der Gleichberechtigung: Als Abenteuerkameraden im Hochgebirge, auf selbstgebauten Flößen oder beim gemeinsamen Überlebenstraining in der Wildnis. Unseren bärenjagenden Vorfahren würde vor Lachen die Keule aus der Hand fallen, wenn Sie sehen könnten, auf welch steinzeitliche Weise nach wie vor die Vater-Kind-Beziehung geprägt zu sein scheint.
Verwechslungen mit dem wirklichen Leben sind zufällig und völlig unbeabsichtigt. Mal ehrlich: Wer möchte sich denn schon nach monatelanger Maloche auch noch mit den Realitäten des Familienlebens auseinandersetzen? Beziehungsprobleme aufarbeiten? Über falsch zusammengelegte Unterhosen streiten? Gar mit der Partnerin über Erziehungsgrundsätze diskutieren? Dann doch lieber Regenwürmer essen und dafür vom eigenen Spross bewundert werden!
Deshalb macht „Vater-Kind-Urlaub“ Spaß! Und demnächst werden vermutlich auch die Arbeitgeber diese Form der Freizeitgestaltung entdecken und fördern: Als kostengünstige Möglichkeit, Outdoor-Training mit den Forderungen nach familienfreundlicher Unternehmenspolitik zu verknüpfen. Und das sogar außerhalb der regulären Arbeitszeit.
„Sie sind das wichtigste und tollste Spielzeug ihrer Kinder!“ So bringt ein Reiseanbieter das Vater-Kind-Verhältnis auf den Punkt. Und solange wir Väter uns nicht nur im Beruf sondern auch noch in der Freizeit um den Alltag herum drücken, bleiben wir das auch. Spielzeug. In der Hoffnung, dass die Mutter den Kindern das Spielzeug nicht fortnimmt.
Denn ursprünglich bedeutet das mittelhochdeutsche Wort Ur-loup „Erlaubnis, weg zu gehen“ – Und, wer die nicht hat, für den bleibt „Vater-Kind-Urlaub“ ein Traum ... |
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Tobias Bücklein lebt als Musiker, Entertainer und Moderator mit seiner Familie in Konstanz. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift "Paps". Sein aktuelles Kabarettprogramm heißt "Testosteron - Der Stoff aus dem die Männer sind". Für private Auftraggeber entwickelt er mit seiner "Show-Manufaktur" individuelle Unterhaltungskonzepte.
www.buecklein.de
Die Seitenhiebe sind auch als Buch erschienen:
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