Ehen dauern länger
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Immer mehr Ehen werden geschieden, immer mehr Kinder sind betroffen? Das Statistische Bundesamt hat die amtliche Scheidungsstatistik 2012 vorgestellt. Überraschend: Die Zahlen gehen zurück, die Eltern bleiben länger zusammen.
Weniger Kinder betroffen
2012 wurden über 179.000 Ehen geschieden, meldet das Statistische Bundesamt, das sind 4,5% weniger als im Vorjahr. Die absoluten Zahlen liegen damit etwa auf dem Niveau von 1996.
In 88.000 Ehen waren Kinder vorhanden, 2002 lag die Zahl bei 101.000 und 1992 bei 68.000. Von der Scheidung ihrer Eltern waren 2012 143.000 minderjährige Kinder betroffen, 2002 waren es 160.000, 1992 101.000.
Ehen halten länger
Die durchschnittliche Ehedauer, so das Statistische Bundesamt, lag 2012 bei 14,5 Jahren. Vor 20 Jahren hatte sie noch bei 11,5 Jahren gelegen und vor 10 Jahren bei 12,9. Nach weniger als einem Jahr wurden immerhin 2300 Ehen geschieden.
Manuela Frickemeier, Rechtsanwältin und Vorstand der Beratungsstelle Scheideweg e.V. in Göttingen, hält vor allem finanzielle Gründe für die längere Ehedauer für ausschlaggebend: "Viele Paare können sich eine Scheidung mit Anträgen und Prozesskosten nicht leisten. Außerdem würden sie den steuerlichen Splittingvorteil verlieren."
Mehr Rücksicht auf die Kinder
Zudem würden Paare auch mit der Trennung warten, bis die Kinder "aus dem Gröbsten raus" sind: "Es wird etwas mehr Rücksicht auf die Kinder genommen", meint Frickemeier. Das liege allerdings auch daran, dass es das alleinige Sorgerecht praktisch nicht mehr gebe und das Kind sich daher nicht mehr als Kampfschauplatz der Eltern eigne.
Zur längeren Dauer der Ehe passt auch, dass das Scheidungsalter gestiegen ist: Männer waren zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich 45,5 Jahre alt, Frauen 42,5 Jahre. Vor zehn Jahren waren scheidungswillige Männer 41,2, die Frauen 38,5 Jahre alt gewesen.
Frauen unzufrieden?
Die Scheidung ging 2012 meist von den Frauen aus: In 53% der Fälle beantragten sie die Auflösung der Ehe, 40% der Anträge wurden von Männern eingereicht. Gemeinsam stellten nur 8% den Scheidungsantrag.
Eine generelle Eheunzufriedenheit der Frauen will Frickemeier aus diesen Zahlen nicht ableiten. Frauen ließen sich jedoch eher beraten, auch, weil sie häufig weniger verdienen als der Noch-Ehemann. "Wenn sie Unterhaltsansprüche haben, will der Anwalt dann auch gleich den Antrag stellen", sagt die Rechtsanwältin. Außerdem würde mit der Scheidung für geregelte Verhältnisse der Ex-Eheleute untereinander gesorgt, dies sei vielen Frauen wichtig.
Einen Trend zur längeren und sogar kinderfreundlicheren Ehe sieht Frickemeier nicht. "Nächstes Jahr rechne ich mit ganz anderen Zahlen - wie fast in jedem Jahr."
Ralf Ruhl
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